Leichte Sprache - das kann doch jeder!?
Leichte Sprache und Unterstützte Kommunikation
Vielleicht ein bisschen. Aber ganz so einfach ist es nicht.
Wie auch Ihr Text schnell ein bisschen einfacher wird und warum das trotzdem noch nicht gleich Leichte Sprache ist.
Nachdem die Themen Inklusion und Barrierefreiheit zunehmend präsenter werden (hurra!), bekommt auch die Leichte Sprache endlich mehr Aufmerksamkeit. Barrieren gibt es nämlich nicht nur, wenn es um Gebäude geht, sondern auch in der Sprache. Und wieso die Sprache so viel mit Inklusion zu tun hat, darüber wollen wir ab jetzt an dieser Stelle regelmäßig bloggen.
Was ist Leichte Sprache? Dazu können Sie in diesem Blogbeitrag Genaueres erfahren. Ganz kurz gesagt: Leichte Sprache ist eine stark vereinfachte Variante des Deutschen, die zum Ziel hat, dass mehr Menschen komplexe Texte verstehen können. Dazu verwendet sie z. B. kurze Sätze, Fachwörter etc. werden vermieden oder erklärt und Bilder ergänzen den Text.
Aber wie genau entsteht eigentlich eine Übersetzung in Leichter Sprache?
Natürlich gibt es auch hier Unterschiede in der Praxis, aber ein typischer Ablauf könnt so aussehen:
- Eine Übersetzungsanfrage erreicht uns.
- Wir klären auf (Was ist Leichte Sprache genau?) und klären ab (Wie sieht die Textvorlage aus, was ist besonders wichtig?).
- Wir übersetzen den Text in Leichte Sprache (kurze Sätze, schwierige Begriffe erklären u. v. m. - das muss ein eigener Blogbeitrag werden).
- Wir passen das Layout der Leichten Sprache an (größere Schrift, viele Absätze ...) und suchen passendes Bildmaterial.
- Dann geben wir den Text an unsere Prüferinnen und Prüfer mit Lernschwierigkeiten. Verstehen sie alles gut und können sie alles gut lesen? Dann können wir den Auftrag abschließen.
- Meistens gibt es aber noch Anmerkungen ("Was bedeutet das?", "Bitte dieses Wort noch erklären." ...) und der Text muss noch einmal verbessert werden.
- Wir überarbeiten den Text und geben ihn ein weiteres Mal an die Prüferinnen und Prüfer. Erst, wenn für sie alles verständlich ist, ist der Text fertig.
Leichte Sprache ist also ein Produkt diverser Arbeitsschritte und Beteiligter und tatsächlich gibt es Menschen, die sich den ganzen Tag lang damit beschäftigen (Hallo! :-)). Einen guten Text in Leichter Sprache zu machen, beinhaltet viel mehr, als bloß einfachere Wörter zu finden.
Aber auch wenn Sie jetzt nicht direkt die Branche wechseln und Übersetzerin oder Übersetzer für Leichte Sprache werden möchten, können Sie sich doch vielleicht den ein oder anderen Trick von der Leichten Sprache abschauen. Denn verstanden werden wollen wir doch alle, oder?
Einer unserer Lieblingstipps zur Vereinfachung ist: Vermeiden Sie das Passiv.
Passive Formulierungen sind ganz alltäglich:
- Der Antrag "muss bis zum 1.4. abgegeben werden".
- "Es wurde" eine Entscheidung getroffen.
Aber wer ist hier eigentlich gemeint? Wer muss den Antrag abgeben? Wer hat entschieden?
Ein Merkmal der Leichten Sprache ist Eindeutigkeit. Das Passiv hat genau den gegenteiligen Auftrag. Es macht Formulierungen allgemeiner, es "entfernt" z. B. die handelnde Person aus einem Satz.
Passivsätze sind vor allem in der Verwaltungssprache sehr verbreitet, weil ihre Aussagen allgemein sind und viele Eventualitäten miteinbeziehen. Aber gerade wenn Sie von Ihrer Adressatin oder Ihrem Adressaten erwarten, dass sie oder er etwas tun soll, dann formulieren Sie möglichst korrekt, wer etwas tun soll und was sie oder er tun soll:
- Sie müssen den Antrag bis zum 1.4. abgeben.
- Wir haben eine Entscheidung getroffen (oder wer auch immer entschieden hat).
Das ist dann zwar noch keine Leichte Sprache, aber auf jeden Fall schon einmal viel leichter zu verstehen (versprochen!).
Viel Erfolg beim Ausprobieren und bis bald!
Autorin: Carola Nagel, CAB gGmbH
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