02.05.2024

Barrierefreier Tourismus als Sinnbild für eine inklusive Gesellschaft

Planen und Bauen

Ein Baumwipfelpfad, den Blinde alleine gehen können. Ein rollstuhlgerechter Rundweg auf über 2.000 m Höhe im Hochgebirge. Eine DAV-Berghütte mit Aufzug. Ein Hotel mit über 50% Personal mit Handicap. Ein barrierefreier Nationalpark. Sind diese aufwendigen Maßnahmen notwendig? Klare Antwort: Ja! Da sind sich alle Referenten und Teilnehmer der 20. Regionalkonferenz „Inklusiv gestalten – Barrierefreier Tourismus“ einig.

Barrierefreiheit im Tourismus ist eine elementare Voraussetzung dafür, dass alle Menschen, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen, die gleichen Möglichkeiten haben, an Reisen und Freizeitaktivitäten teilzunehmen.
Zwei Frauen, eine im Rollstuhl, wandern über einen geschwungenen Holzsteg, umgeben von hügeliger Waldlandschaft.

Barrierefreiheit im Tourismus ist eine elementare Voraussetzung dafür, dass alle Menschen, unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen, die gleichen Möglichkeiten haben, an Reisen und Freizeitaktivitäten teilzunehmen.

Foto: © erlebe.bayern, Foto: Dietmar Denger

„Barrieres Bauen macht keinen Sinn mehr!“, so eröffnet Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, die Konferenz mit einer gekonnten Wortschöpfung. Allein schon durch den kreativen Umgang mit Sprache macht er damit barrierefreies Bauen zum neuen Normalfall. Denn:

„Barrierefreiheit ist keine Mode, sondern ein Menschenrecht! Barrierefreiheit gehört zu unserer Demokratie. Und: Demokratie braucht Inklusion! Barrierefreiheit hat immer eine tiefe soziale Dimension und setzt positive neue Qualitätsstandards für die Architektur und für unser Land.“

Damit das in der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossene Recht auf Teilhabe kein leeres Versprechen auf dem Papier bleibt, sondern von allen Betroffenen tatsächlich gelebt werden kann, setzt Dusel auf die gesetzliche Verpflichtung. „Barrierefreiheit ist ein Qualitätsstandard für moderne Architektur, Infrastruktur, Digitalisierung und Verkehr. Wer heute noch mit Barrieren baut, macht etwas falsch. Die alten Verfahren machen keinen Sinn mehr.“

Die Regionalkonferenzen sind wichtige Anlaufstellen zur Netzwerkpflege.
Die Konferenzteilnehmer während einer geselligen Mittagspause.

Die Regionalkonferenzen sind wichtige Anlaufstellen zur Netzwerkpflege.

Foto: © ByAK / Fotos: Andreas Gebert
Inklusion gestalten: Die Regionalkonferenz war natürlich auf die Bedürfnisse von Besuchern mit Behinderungen eingestellt. Neben Schrift- und DGS-Dolmetschern führte eine Rampe auf die Bühne. Das Haus der Architektur ist selbstverständlich barrierefrei.
Detailaufnahme eines Rollstuhlreifens eines Konferenzteilnehmers. Im Hintergrund stehen einige Personen am Rednerpult.

Inklusion gestalten: Die Regionalkonferenz war natürlich auf die Bedürfnisse von Besuchern mit Behinderungen eingestellt. Neben Schrift- und DGS-Dolmetschern führte eine Rampe auf die Bühne. Das Haus der Architektur ist selbstverständlich barrierefrei.

Foto: © ByAK / Fotos: Andreas Gebert

Rund hundert Architektinnen und Architekten, Stadt- und Landschaftsplanerinnen und -planer sowie Personen aus der Hotel- und Tourismusbranche trafen sich am 15. April im Haus der Architektur der Bayerischen Architektenkammer zur 20. Regionalkonferenz „Inklusion gestalten“. Bereits 2016 fand dort die Auftaktveranstaltung der Konferenzreihe statt, die seitdem sehr erfolgreich durch die Bundesländer tourte. Seither ist viel geschehen. Prof. Lydia Haack, Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, freut sich über viele gelungene Hotel-, Freizeit- und Tourismus-Leuchtturmprojekte in Bayern. Diese Orte tragen dazu bei, dass Menschen sich austauschen, gemeinsam Neues erleben und wertvolle Zeit verbringen können. Sie erwähnt in diesem Zusammenhang auch das 40-jährige Jubiläum der Beratungsstelle Barrierefreiheit der ByAK, die ein wichtiger Impulsgeber sei, um Vorzeigeprojekte zu fördern und den Projektinitiatoren Mut zu machen. Gleichzeitig mahnt sie:

„Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Barrierefreiheit ist keine einmalige Aufgabe, sondern sollte uns als langfristige Verpflichtung begleiten.“

Landesregierung und Architektenkammern engagieren sich gemeinsam für die gute Sache: Ulrike Scharf (MdL), Prof. Lydia Haack (ByAK), Sabine Fischer (ByAK) und Martin Müller (BAK) in der ersten Reihe (von links).
Blick ins Publikum von der Bühne aus.

Landesregierung und Architektenkammern engagieren sich gemeinsam für die gute Sache: Ulrike Scharf (MdL), Prof. Lydia Haack (ByAK), Sabine Fischer (ByAK) und Martin Müller (BAK) in der ersten Reihe (von links).

Foto: © ByAK / Fotos: Andreas Gebert
Die beiden Regierungsbeauftragten (Bund und Bayern) für die Belange von Menschen mit Behinderung Holger Kiesel und Jürgen Dusel (erste Reihe von links), dahinter die Keynote Speaker Monica Tetzner und Klaus King im Publikum.
Blick ins Publikum in lachende und interessierte Gesichter.

Die beiden Regierungsbeauftragten (Bund und Bayern) für die Belange von Menschen mit Behinderung Holger Kiesel und Jürgen Dusel (erste Reihe von links), dahinter die Keynote Speaker Monica Tetzner und Klaus King im Publikum.

Foto: © ByAK / Fotos: Andreas Gebert

Ulrike Scharf, Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, versteht Barrierefreiheit als „Visitenkarte Bayerns“. Für sie ist die Förderung des Tourismus ein wichtiger Eckpfeiler für die Entwicklung Bayerns – von barrierefreien Mobilitätsangeboten bis hin zur rollstuhlgerechten Erschließung hochalpinen Geländes. Sie sieht in den politisch hochgesteckten Zielen der Bayerischen Staatsregierung unabhängig davon, ob diese bisher erreicht werden konnten oder nicht, ein wichtiges Mittel zur Motivation und Bewusstseinsbildung. Insgesamt standen für das Programm „Bayern barrierefrei“ in den Jahren 2015 bis 2023 Mittel in Höhe von über einer Milliarde Euro zur Verfügung. Das Webportal erlebe.bayern/urlaub-fuer-alle bündelt über 620 dieser auf Barrierefreiheit geprüften touristischen Urlaubs-, Ausflugs- und Freizeitangebote mit dem Prädikat „Reisen für Alle“.

Podiumsrunde und Eröffnungstalk mit Dr. Jörg Heiler, Jürgen Dusel, Katrin Müller-Hohenstein, Holger Kiesel und Ulrike Scharf, MdL (von links).
Die Referenten sitzen auf Stühlen im Halbkreis auf der Bühne, Holger Kiesel im Rollstuhl

Podiumsrunde und Eröffnungstalk mit Dr. Jörg Heiler, Jürgen Dusel, Katrin Müller-Hohenstein, Holger Kiesel und Ulrike Scharf, MdL (von links).

Foto: © ByAK / Fotos: Andreas Gebert

Neben Jürgen Dusel, Prof. Lydia Haack und Ulrike Scharf diskutierten Holger Kiesel – Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Dr. Jörg Heiler – Architekt, Stadtplaner und Vorstandskooperator der Beratungsstelle Barrierefreiheit, und Martin Müller – Vizepräsident der BAK. Wie facettenreich Barrierefreiheit ist, machten Monica Tetzner von der Bayern Tourismus Marketing GmbH und Klaus King, 1. Bürgermeister Markt Oberstdorf, in ihren Keynotes deutlich. Monica Tetzner zeigte auf, mit welchen Mitteln die Vernetzung der Barrierefrei-Akteure der 36 Tourismusregionen in Bayern gelingt; Klaus King erläuterte, welche vielfältigen Einzelmaßnahmen notwendig sind, um einen ganzen Tourismusort nach und nach barrierefrei um- und weiterzubauen. Mit dem Museum Haus der Berge in Berchtesgaden, der Alpenhütte Dortmunder Hütte in Tirol, dem Baumwipfelpfad im Bayerischen Wald und dem Hotel einsmehr in Augsburg wurden zudem eindrucksvolle Best-Practice-Projekte in den Fokus gerückt.

Eigentlich sollte das Format mit der 20. Ausgabe einen würdigen Abschluss finden. Doch stattdessen geht es weiter! Denn, so Holger Kiesel:

„Barrierefreiheit ist so vielfältig wie die 13 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung in Deutschland (…). Barrierefreiheit ist die Voraussetzung für eine offene Gesellschaft, in der keiner mehr wert ist als der andere. Daran zu arbeiten, sollte uns antreiben.“

Oder wie es Katrin Müller-Hohenstein, die die Regionalkonferenzen bereits seit der ersten Veranstaltung im Jahr 2016 moderiert, ganz pragmatisch formulierte:

„Weil es wichtig ist!“


Autorin: Bettina Sigmund

 

Alle Referenten des Konferenztages sowie das Team der Beratungsstelle Barrierefreiheit der ByAK.

v.l.n.r. hintere Reihe: Monica Tetzner (Bayern Tourismus Marketing GmbH), Ulrich Brendel, (Stellv. Nationalparkleiter Berchtesgaden), Charlotte Röttger (Referentin Beratungsstelle Barrierefreiheit, ByAK), Lothar Pähler (Hüttenreferent, Sektion Dortmund), Prof. Lydia Haack (Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer), Jochen Mack (Geschäftsführer und Hotelbetreiber einsmehr), Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen), Klaus King (1. Bürgermeister Markt Oberstdorf), Thomas Lenzen (Geschäftsführer Architektur und Technik, ByAK), Andreas Fichtner (Staatliches Bauamt Traunstein)

v.l.n.r. vordere Reihe: Johanna Stöger (stöger + kölb architekten), Dr. Jörg Heiler (Vorstandskooperator der Beratungsstelle Barrierefreiheit, ByAK), Holger Kiesel (Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung), Katrin Müller-Hohenstein (ZDF Moderatorin), Martin Müller (Vizepräsident der Bundearchitektenkammer), Marianne Bendl (Beratungsstelle Barrierefreiheit, ByAK), Armin Neurauter (Architekt Innsbruck)
Gruppenfoto vor der modernen Glasfassade des Haus der Architektur.

Alle Referenten des Konferenztages sowie das Team der Beratungsstelle Barrierefreiheit der ByAK. v.l.n.r. hintere Reihe: Monica Tetzner (Bayern Tourismus Marketing GmbH), Ulrich Brendel, (Stellv. Nationalparkleiter Berchtesgaden), Charlotte Röttger (Referentin Beratungsstelle Barrierefreiheit, ByAK), Lothar Pähler (Hüttenreferent, Sektion Dortmund), Prof. Lydia Haack (Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer), Jochen Mack (Geschäftsführer und Hotelbetreiber einsmehr), Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen), Klaus King (1. Bürgermeister Markt Oberstdorf), Thomas Lenzen (Geschäftsführer Architektur und Technik, ByAK), Andreas Fichtner (Staatliches Bauamt Traunstein) v.l.n.r. vordere Reihe: Johanna Stöger (stöger + kölb architekten), Dr. Jörg Heiler (Vorstandskooperator der Beratungsstelle Barrierefreiheit, ByAK), Holger Kiesel (Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung), Katrin Müller-Hohenstein (ZDF Moderatorin), Martin Müller (Vizepräsident der Bundearchitektenkammer), Marianne Bendl (Beratungsstelle Barrierefreiheit, ByAK), Armin Neurauter (Architekt Innsbruck)

Foto: © ByAK / Fotos: Andreas Gebert

Weitere Links:

Regionalkonferenzen "Inklusiv gestalten - Ideen und gute Beispiele aus Architektur und Stadtplanung" - Bundesarchitektenkammer
https://bak.de/politik-und-praxis/inklusion/regionalkonferenzen-inklusion/

Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen
https://www.behindertenbeauftragter.de/DE/AS/startseite/startseite-node.html

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