29.06.2023

18. Architekturbiennale in Venedig 2023

Planen und Bauen

- Instand(be)setzung des deutschen Pavillons … - .

Vorderansicht des Deutschen Pavillons, Geschwungene Rampe

Foto: ARCH+, SUMMACUMFEMMER und Büro Juliane Greb

"Open for Maintenance – Wegen Umbau geöffnet „instandbesetzt“ ist der offizielle Titel der diesjährigen Ausstellung im Deutschen Pavillon. Schon der Titel lässt aufhorchen. Trotz Umbau geöffnet und dann „instandbesetzt“? Instandbesetzung ist ein Begriff aus der Zeit der Hausbesetzungen in Berlin Ende der siebziger/ Anfang der achtziger Jahre. Ursprünglich sollten Häuser vor dem Abriss gerettet und wieder bewohnbar gemacht werden, später endeten die Auseinandersetzungen oft in Zerstörung von Gebäuden. 

Und genau hier setzt die Idee zu diesem Projekt an, quasi in der Rückwärtsprojektion: aus Zerstörtem, Entsorgtem etwas Neues zu schaffen und letztendlich verfallenen Wohnraum mit recycelten Materialien auch wieder bewohnbar zu machen – bewohnbar für alle.

Eröffnung der Architekturbiennale Venedig

Am 20. Mai eröffnete die Bundesbauministerin Klara Geywitz gemeinsam mit dem internationalen Kuratorenteam den Deutschen Pavillon vor vielen nationalen und internationalen Gästen.

Der kühle, monumentale Bau auf dem kleinen Hügel in den Giardini im Osten Venedigs beherbergt nun für ein halbes Jahr eine Ausstellung der besonderen Art.

Eine geschwungene Rampe zum Haupteingang

Schon von Weitem sieht man eine geschwungene Rampe zum Haupteingang. Ein Novum auf dieser Biennale, denn zum ersten Mal können alle Besucherinnen und Besucher barrierefrei den Pavillon über den Haupteingang betreten! Die barrierefreie Rampe wurde aus wiederverwerteten Materialien gebaut und verbindet das Thema Barrierefreiheit mit Nachhaltigkeit. Die Einbeziehung aller Menschen in die gebaute und bewohnte Welt als Teil von Nachhaltigkeit war dem Kuratorenteam besonders wichtig.

Vorderansicht des Deutschen Pavillons, Geschwungene Rampe

Foto: ARCH+, SUMMACUMFEMMER und Büro Juliane Greb

Ein gelber Aufsteller, wie wir ihn alle kennen als Hinweisschild für nasse Böden, steht prominent am Eingang: „Open for Maintenance“. Es soll vorwarnen, aber auch einstimmen auf das vermeintliche Sammelsurium, das den Besucher im Inneren des Pavillons erwartet. Hier stapeln sich im zentralen Raum Materialien unterschiedlichster Art, die das internationale Kuratorenteam aus den Schuttcontainern der letzten Kunstbiennale sammelte, inventarisierte und anschließend sortierte: Platten, Rohre, Baumaterial, Reste von Kunstwerken oder Holzkisten…  

Die Idee hieß, unter sozioökonomischen Gesichtspunkten dieses Ausstellungsprojekt zu schaffen: Gebrauchtes wieder zu verwerten, es umzufunktionieren, ihm eine neue Bedeutung zu geben – aus alt, auch aus alter Kunst, sollen alltagstaugliche Dinge entstehen.

Werkstatt des Deutschen Pavillions

Foto: ARCH+, SUMMACUMFEMMER und Büro Juliane Greb

Die Räume im Deutschen Pavillon wurden so übernommen, wie das Team sie nach der letztjährigen Kunstbiennale vorfand. Lediglich richtete man in einigen Räumen Werkstätten ein, in denen junge Menschen aus ganz Europa, die sich mit Architektur oder dem dazugehörigen Handwerk beschäftigen, im Rahmen des Werkstattprogramms „Maintenance 1:1“ arbeiten dürfen. Unterstützt werden die Studierenden und Auszubildenden von lokalen Organisationen, die sich schon jetzt mit der Instandsetzung oder -haltung von Projekten in Venedig befassen. Die Bandbreite für die Workshopteilnehmer reicht vom Modernisieren alter Sanitäranlagen, vom Renovieren kaputter Dächer und Wohnungen bis hin zum Bau von barrierefreien Zugängen.

Barrierefreier Zugang - Sichtbare Inklusion

Leider ist das Biennale-Ausstellungsgelände in den Giardini mit seinen Kieswegen nicht rollstuhltauglich. Mit der Rampe am Haupteingang des Deutschen Pavillons, die für sich gesehen einen komplett barrierefreien Zugang ermöglicht, setzt das Kuratorenteam auf sichtbare Inklusion und mahnt barrierefreien Zugang an.

Wer sich selbst einen Eindruck von der 18. Architekturbiennale und insbesondere des Deutschen Pavillons verschaffen möchte, hat noch bis zum 26. November 2023 dazu Zeit.

Autorin: Charlotte Röttger, ByAK

Die beteiligten Architekturbüros:

ARCH+: https://archplus.net/

SUMMACUMFEMMER: https://www.summacumfemmer.com/

Büro Juliane Greb: https://julianegreb.com/

 

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