04/2021 Potenziale urbaner Flächen und baulicher Strukturen
Klimaschutz
"Wir haben keine Zeit mehr. Wir müssen im Gebäudebereich sofort entschieden handeln, damit wir uns nicht im wahrsten Sinne des Wortes unsere Zukunft verbauen."
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe
Trotz ständig steigenden Wissens über die Zusammenhänge von Klimawandel und Ressourcenverbrauch diskutieren wir beim Bauen im Wesentlichen über Energie- und Kosteneffizienz von Neubauvorhaben. Dabei werden mit jeder neuen Baumaßnahme Fakten für die nächsten Jahrzehnte buchstäblich in Beton gegossen. Themen wie Klimaneutralität, Kreislaufgerechtigkeit, aber auch baukulturelle Aspekte, sind nicht selbstverständlich. Auch nicht das Bestreben, eine soziale und ökologische Transformation unserer Lebenswelten bis 2050 zu erreichen, die wir bräuchten, um die Pariser Klimaziele gesellschaftlich und umweltverträglich umzusetzen.
Es sind nicht die auf der grünen Wiese oder im ländlichen Raum platzierten neuen Gewerbe- oder Einfamilienhausgebiete mit ihren Nutz- und Wohnflächen alleine. Ein Großteil der Flächeninanspruchnahme liegt in deren Erschließung mit den Folgen der "Zersiedelung" und dem unwiderruflichen Verbrauch der Ressource "Boden". Dabei kämpfen viele Städte und Orte neben der baulichen Erweiterung in den Randgebieten mit Gebäude-Leerstand in den Zentren. Dieser entsteht u.a. durch Immobilienspekulationen oder Abwandern von Bürgern und Unternehmen an andere Orte. Entgegenwirken können Gemeinde- und Stadtentwicklungskonzepte, die lokal Zukunftsperspektiven eröffnen oder interkommunale Allianzen (integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte – ISEK/integrierte ländliche Entwicklungskonzepte – ILEK), die überregionale Zusammenarbeit ermöglichen.
Brach- oder Gewerbeflächen sind in Ballungsräumen beliebte Bau- und Investitionsvorhaben. Die bauliche Verdichtung und der Umgang mit bestehenden Wohn- und Arbeitsräumen hingegen weniger. Anpassungen an neue Lebensabschnitte, durch den Auszug der Kinder aus dem Elternhaus oder Veränderung von Lebensweisen, rufen einen hohen pro Kopf-Verbrauch an Wohnfläche und damit auch an Energie und Wärme hervor. Gleichzeitig fehlen vielerorts attraktive Angebote für Wohnflächentausch, Generationenhäuser, altersgerechte Wohngemeinschaften oder flexible Mehrfachnutzungen bis hin zu genossenschaftlichen Wohnformen, die diese Bedarfe im Idealfall abdecken.
Ein Umdenken wird künftig auch bei Büro- und Gewerbeflächen nötig. Angeregt durch die pandemiebedingte Steigerung des Homeoffices und Onlinehandels erfahren diese nicht mehr die gewohnte Ausnutzung und sind prädestiniert für die Gestaltung neuer Arbeitswelten und intelligenter Flächennutzungskonzepte. Hierbei sind neben innovativen auch integrative Konzepte und Kommunikationsprozesse erforderlich, die alle Akteure miteinbeziehen. Urbane Flächen werden in Zukunft auch aus der Mobilitätswende und der Digitalisierung von Produktionswelten resultieren und im Idealfall für gesellschaftliche und umweltorientierte Belange genutzt.
Suffizienz, Nachhaltigkeit, Kreislaufgerechtigkeit, Flexibilität und der Fokus auf Bestandserhalt und Baukultur dürfen in diesen Prozessen nicht fehlen. Ebenso wichtig ist der Blick auf die soziale Verträglichkeit und das Zusammenwirken aller handelnden Akteure (Kommunen, Bauherren, Investoren, Planer), um Strukturen gemeinsam und mit Weitsicht zu gestalten. Denn zukunftsfähige Siedlungen bieten lebenswerte Arbeits-, Wohn- und Freizeitflächen, sie räumen dem Klimaschutz Priorität ein und reagieren auf den Klimawandel mit langfristig wirksamen Maßnahmen, wie z.B. Stadt- und Gebäudebegrünung oder mit wassersensiblem Bauen.
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Autorinnen: Dr. Hermine Hitzler, Kathrin Valvoda, Katrin Schmitt
Weiterführende Links
1 Million Gebäudesanierungen pro Jahr! Aktionsbündnis aus Architekten, Bau-Experten und Umweltschützern fordert Sanierungsoffensive für Klimaschutz
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[Die Links wurden zuletzt am 31.03.2021 geprüft]
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