10.10.2023

Leichte Sprache im Internet: Warum die Vorgaben der BITV 2.0 nicht ausreichen

Leichte Sprache und Unterstützte Kommunikation

Eine Person hält ein Tablet in der Hand. Auf dem Display erscheinen die Wörter Leichte Sprache.

Foto: Tanja Blum

Immer mehr öffentliche Stellen, gemeinnützige Organisationen und mittlerweile auch privatwirtschaftliche Akteurinnen und Akteure bieten auf ihren Internetseiten Informationen in Leichter oder einfacher Sprache an.

Gesetzliche Grundlage, zumindest für die öffentlichen Stellen, ist die BITV 2.0 – die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung von 2011, die § 12a des Behindertengleichstellungsgesetzes konkretisiert.

In § 4 der BITV 2.0 steht zur Gebärdensprache und zur Leichten Sprache:

„Auf der Startseite einer Website einer öffentlichen Stelle sind nach Anlage 2 folgende Erläuterungen in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache bereitzustellen:

  1. Informationen zu den wesentlichen Inhalten,
  2. Hinweise zur Navigation,
  3. eine Erläuterung der wesentlichen Inhalte der Erklärung zur Barrierefreiheit,
  4. Hinweise auf weitere in diesem Auftritt vorhandene Informationen in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache.“

Diese Vorgaben klingen sinnvoll, doch in der Praxis zeigen sich einige Schwierigkeiten.

Die Informationen sind auf der Startseite bereitzustellen.

Diese Vorgabe ist definitiv zielführend, warum beschreibe ich sie also als Schwierigkeit? Wenn ich mir verschiedene Startseiten anschaue, dann fällt mir Folgendes auf: Manchmal findet sich auf der Startseite ein Button „Leichte Sprache“, manchmal ein Icon, das eine Person und ein Buch darstellt oder eines, das eine oder mehrere Seiten Papier zeigt. Manchmal ist auch eine Kombination aus Schrift und Icon zu sehen.

Ein einheitlicher Hinweis würde es der Zielgruppe Menschen mit Lernschwierigkeiten erleichtern, die Informationen in Leichter Sprache zu finden. Dann müsste nicht jedes Mal auf`s Neue gesucht werden, wo sich die Leichte Sprache versteckt.

Es sollen Informationen zu den wesentlichen Inhalten und zur Navigation bereitgestellt werden.

Doch was genau sind die wesentlichen Inhalte? Und welche Inhalte sind besonders wichtig für die Zielgruppe? Oftmals werden – zurecht – Hinweise auf Serviceangebote als wichtig definiert und dann in Leichter Sprache beschrieben. Gerade im behördlichen Kontext geht es ja oft darum, was ich wo oder wie erledigen kann.

Nicht selten begegnen mir dann aber Formulierungen, die ich hier beispielhaft darstellen möchte:

Im Bereich Service finden Sie diese Informationen:

  • Unsere Ratgeber zu verschiedenen Themen
  • Informationen zu Gesetzes-Grundlagen
  • Informationen zu Hilfs-Angeboten
  • Telefon-Nummern von Beratungs-Stellen
  • ein Kontakt-Formular: So können Sie uns erreichen

Das Problem hierbei ist: Es wird auf Informationen auf der Homepage hingewiesen, die Informationen selbst sind jedoch nicht in Leichter Sprache verfügbar. Menschen mit Lernschwierigkeiten erfahren beim Lesen also, welche Informationen es geben würde. Diese Informationen sind aber häufig nicht für sie nutzbar.

Die Texte in Leichter Sprache sind oftmals unter einem Menüpunkt versammelt.

Das bedeutet, dass sehr viel gescrollt werden muss und die Leserin oder der Leser leicht den Überblick verlieren kann. Vielleicht ist es technisch in manchen Fällen nicht anders möglich, aber wünschenswert wäre dennoch etwas mehr Struktur und Übersichtlichkeit. Der Menüpunkt in Leichter Sprache sollte nicht mit weniger Sorgfalt behandelt werden als alle anderen Menüpunkte.

Die Vorgaben in der BITV 2.0 - ein Anfang

Zusammenfassend zeigt sich: Die Vorgaben zur Leichten Sprache in der BITV 2.0 sind erster und wichtiger Schritt in Richtung leicht verständliche Informationen im Internet, doch reichen diese Vorgaben meiner Meinung nach nicht aus, um umfassende (digitale) Teilhabe zu ermöglichen. Wünschenswert wäre, dass nicht nur die minimalen Vorgaben umgesetzt werden, sondern dass in Zusammenarbeit von Übersetzungsbüros für Leichte Sprache, von Personen, die inhaltlich mit der jeweiligen Internetseite betraut sind und von Personen, die die Internetseite technisch betreuen ein Konzept erarbeitet wird und gemeinsam entschieden wird, welche Informationen in Leichter Sprache aufbereitet werden und wie diese Informationen ansprechend und übersichtlich dargestellt werden können. Zudem ist eine abschließende Usability-Testung – also die Testung der Handhabbarkeit – durch Vertreterinnen und Vertreter der Zielgruppe sehr zu empfehlen.

Ich denke, dieser letzte Punkt ist eine Voraussetzung dafür, dass die Leichte Sprache im Internet für Menschen mit Lernschwierigkeiten tatsächlich nutzbar und somit mehr Teilhabe ermöglicht wird. Und: Es fehlt bisher an tollen Beispielen dafür, wie die Leichte Sprache gut in Internetseiten integriert werden kann oder wie komplette Internetseiten in Leichter Sprache aussehen können. Ich wünsche mir Personen, die sich trauen, Neues in diesem Bereich auszuprobieren!

Autorin: CAB Caritas

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