Digitale Barrierefreiheit organisieren
Digitale Barrierefreiheit
Bei digitalen Projekten wird Barrierefreiheit häufig zu spät mitgedacht. Dabei sollte man diesen Prozess schon in der Planung aller Kommunikationsmaßnahmen beginnen. Das sind unsere 8 Schritte, um digitale Barrierefreiheit zu organisieren.
Will man digitale Barrierefreiheit organisieren, braucht man einen ganzheitlichen Ansatz. Häufig beginnen die Fehler nämlich schon am Anfang. Bei der Ausschreibung für die neue Software wurde vergessen auf Barrierefreiheit zu achten, das Farbschema des eigenen Corporate Design hat zu geringe Kontraste, alte und neue PDFs auf der Webseite sind nicht barrierefrei und die neu eingestellten Kollegen und Kolleginnen wissen noch gar nicht, was Barrierefreiheit ist. Barrierefreiheit also ist ein Prozess, der in Schritten passiert:
Barrierefreiheit in 8 Schritten
1. Schaffen Sie eine klare Zuständigkeit für digitale Barrierefreiheit
Häufig scheitert digitale Barrierefreiheit daran, dass sich niemand zuständig fühlt. Es ist aber sinnvoll das Thema zentral aufzusetzen. Digitale Barrierefreiheit betrifft nämlich viele Bereiche: sie reicht von konzeptionellen Entscheidungen und Ausschreibungen, über Sensibilisierungsmaßnahmen und Schulungen, bis hin zur konkreten Umsetzung von einer Vielzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das muss organisiert werden.
Die zuständige Person oder Abteilung für digitale Barrierefreiheit sollte gut vernetzt sein und immer ein Auge darauf haben, welche Kommunikationsmittel eingesetzt werden oder hinzukommen.
Wie man das Thema konkret implementiert, bleibt einem natürlich selbst überlassen. Letztendlich gilt es sicherzustellen, dass Barrierefreiheit auch nachhaltig garantiert wird und nicht im Arbeitsalltag untergeht.
2. Denken Sie Barrierefreiheit von vornherein mit
Ein Fehler passiert immer wieder: ein Auftrag rausgegeben, das Design, die Programmierung und die redaktionelle Befüllung stehen und auf einmal bemerkt man, dass Barrierefreiheit vergessen wurde. Dann ist es aber schon zu spät. Barrierefreiheit nachträglich in eine Webseite zu bauen ist entweder schwierig, langwierig oder im schlimmsten Fall unmöglich.
Deutlich einfacher wird es, wenn man digitale Barrierefreiheit von Anfang an mitdenkt. Dann kann man sich einen spezialisierten Dienstleister suchen und eine Webseite von vornherein barrierefrei entwickeln. Das spart personelle Ressourcen, Zeit und Geld.
3. Bauen Sie ein Wissensmanagement auf
Wissen ist bei der digitalen Barrierefreiheit entscheidend. Wie gestalte ich eine Ausschreibung, dass sie die gesetzlichen Vorgaben erfüllt? Wie entscheide ich, welche Agentur geeignet ist? Wie garantiere nachhaltig die barrierefreie Befüllung meines Redaktionssystems? Wie kann ich sichergehen, dass auch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter barrierefreie Dokumente erstellen?
Das alles ist Wissen, das nicht von heute auf morgen entsteht und das immer wieder erneuert werden muss. Schulen sie also ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bieten sie Fortbildungen an und stellen sie Infomaterialien zur Verfügung.
4. Identifizieren sie, was barrierefrei gemacht werden muss
In öffentlichen Stellen, Organisationen oder Unternehmen ist die Zahl an Kommunikationsmedien häufig groß. Zumeist gibt es eine oder mehrere Webseiten, verschiedene Softwarelösungen, eine App und eine Vielzahl an Dokumenten oder anderen externen Integrationen.
Hier gilt es zunächst einmal zu prüfen: was haben wir und wo müssen wir Barrierefreiheit mitdenken? Stellen sie also fest, wozu sie gesetzlich verpflichtet sind, wo Barrierefreiheit schon umgesetzt ist und wo noch Mängel bestehen.
5. Prüfen Sie, ob Sie Dienstleister hinzuziehen wollen
Auch wenn man sich in das Thema digitale Barrierefreiheit eingearbeitet hat, kann es sein, dass die Anforderungen das eigene Wissen übersteigen. Dann lohnt es sich einen professionellen Dienstleister hinzuzuziehen.
Hier ist allerdings Vorsicht geboten! Viele Dienstleister versprechen digitale Barrierefreiheit, halten sie aber nicht. Digitale Barrierefreiheit in Deutschland bedeutet nämlich, die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Fragen Sie also kritisch nach, ob betreffende Gesetze wie die BITV oder entscheidende Begriffe wie die WCAG bekannt sind. Lassen Sie sich auch Umsetzungsbeispiele zeigen und verpflichten sie die Dienstleister, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Was sie bei Ausschreibungen beachten müssen, lesen Sie im Handlungsleitfaden des bayerischen Digitalministeriums.
6. Testen Sie auf Barrierefreiheit
Um festzustellen, ob ein Medium barrierefrei ist, testen Sie dieses zunächst. In jedem Fall sollten die Kriterien erfüllen, die gesetzlich vorgegeben sind.
Leider gibt es in Deutschland noch kein offizielles Siegel (wie das TÜV Siegel), das Barrierefreiheit garantiert und den Standard setzt. Eine gute Orientierung für Webseiten liefert aber der BIK BITV Test, der die gesetzlichen Vorgaben in ein offengelegtes Verfahren überführt. Natürlich kann man aber nicht nur Webseiten testen. Auch Dokumente, Software oder Apps können getestet werden.
Ob man nun die eigenen Kommunikationsmedien selbst testen will oder dies einem externen Dienstleister überlässt, kann man selbst abwägen. Professionelle Dienstleister lohnen sich immer dann, wenn man selbst nicht das Know-how oder die Kapazitäten hat, die Vorgaben zu erfüllen. Eine Übersicht über Dienstleister finden Sie in unserem Anbieterverzeichnis.
Achtung! Manche Dienstleister versprechen, Barrierefreiheit automatisch durch ein Programm testen zu können. Dies kann nur zum Teil stimmen. Es gibt immer Bereiche, die nach dem derzeitigen Stand der Technik nur durch Menschen geprüft werden können. Ein Programm kann beispielsweise sagen, ob ein Alternativtext für ein Bild vorhanden ist oder nicht. Es kann nicht sagen, ob der Alternativtext auch so geschrieben ist, dass ihn ein Mensch verstehen kann.
7. Schreiben Sie eine Erklärung zur Barrierefreiheit
Die Erklärung zur Barrierefreiheit ist die zentrale Sektion, wenn man sich über den Stand der Barrierefreiheit einer Webseite oder App informieren will. Webseitenbetreibende sind daher verpflichtet auf die gesetzlichen Standards hinzuweisen und anzugeben, welche Bereiche noch nicht barrierefrei gestaltet sind. Auch muss man angeben, bis wann die Mängel behoben werden.
Die Erklärung zur Barrierefreiheit dient aber auch dazu, dass sich Nutzende mit den Webseitenbetreibenden in Verbindung setzen können, um auf mögliche Mängel hinzuweisen. Zu guter Letzt sind Webseitenbetreibende verpflichtet die zuständige Überwachungsstelle zu verlinken. So haben Nutzende die Möglichkeit, sich offiziell über Mängel zu beschweren.
Natürlich gibt es mehrere Möglichkeiten eine solche Erklärung zu verfassen. Eine Mustererklärung zur Barrierefreiheit bietet das bayerische Digitalministerium.
8. Starten Sie klein
Bei vielen öffentlichen Stellen herrschte vor allem zu Beginn des Bekanntwerdens der gesetzlichen Verpflichtungen Überforderung. Es gab keine Zuständigkeit, zu wenig Wissen und eine Vielzahl an Medien, die in kurzer Zeit barrierefrei gemacht werden müssen. Barrierefreiheit ist aber ein Prozess und braucht seine Zeit.
Die gute Nachricht: Man kann jederzeit damit anfangen. Starten Sie damit, ihre redaktionelle Arbeit barrierefrei zu gestalten. Schreiben sie Alternativtexte, nutzen sie Formatvorlagen, setzen sie korrekte Überschriften und schreiben sie ihre Links barrierefrei. Das gleiche machen Sie mit ihren Dokumenten. So beginnen sie schon heute im Rahmen ihrer Möglichkeiten barrierefreie Inhalte zu schaffen. Gerade bei Dokumenten lohnt sich das, weil alle Funktionalitäten sofort einsetzbar- und die Dokumente auch in Zukunft nutzbar sind. Aber auch jeder barrierefreie Eintrag auf einer Webseite erhöht in jedem Fall die Zugänglichkeit.
Autorin: Stiftung Pfennigparade
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