Sonderpreis artouro für das Projekt Geöffnete Wände. Neugestaltung Diözesanmuseum Freising

  • Zeitraum: April 2024
  • Beratungsschwerpunkt:
    • Planen & Bauen

Ein Gebäude des 19. Jahrhunderts, das sich auf einem 30 Meter hohem Berg befindet: Bei diesem Bild im Kopf denkt man nicht als erstes an einen leichten Zugang, ganz zu schweigen von einer barrierefreien Erschließung.

Das Diözesanmuseum auf dem Domberg in Freising zeigt eindrucksvoll, dass weder Bauen im Bestand noch eine anspruchsvolle Topografie Barrierefreiheit und damit Erreichbarkeit und Nutzbarkeit für alle ausschließen – im Gegenteil. Das Gebäude verfügt über 3 Etagen und ein Kellergeschoss. Über diese vier Etagen erstreckt sich ein breit gefächertes Angebot an Ausstellungen, museumspädagogischen Kursen und ein Restaurant mit Terrasse und Außenflächen. Auf den Freianlagen des Museums kann außerdem die Kiki Smith Kapelle besichtigt werden.

Blick auf den Haupteingang
Diözesanmuseum Freising
Der Eingang eines dreigeschossigen Gebäudes mit einer Rampe

Blick auf den Haupteingang

Diözesanmuseum Freising

Foto: Thomas Dashuber
Kikis Chapel
Kapelle neben dem Hauptgebäude
Eine Kapelle aus dunklen, recycelten Klinkern mit einem offenen Tor

Kikis Chapel

Kapelle neben dem Hauptgebäude

Foto: Thomas Dashuber

Auszeichung für Neugestaltung

Im Juli wurden die Architekten Brückner & Brückner für das Projekt „Geöffnete Wände. Neugestaltung Diözesanmuseum“ gemeinsam mit iam – Interior architects munich und realgrün Landschaftsarchitekten mit dem artouro Tourismuspreis 2024 ausgezeichnet. Der artouro wird alle 4 Jahre von der Bayerischen Architektenkammer gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus ausgelobt und ist deutschlandweit der einzige Tourismuspreis in der Kategorie Architektur. Im Kontext des 40. Jubiläumjahres der Beratungsstelle Barrierefreiheit wurde im Rahmen des artouro, initiiert durch die Beratungsstelle und unter der Schirmherrschaft das Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, dieses Jahr zusätzlich ein Sonderpreis Barrierefreiheit vergeben. Der Preis soll erstmalig auch ein besonders gelungenes inklusives Gestaltungskonzept im gebauten Raum auszeichnen und hervorheben, wie wichtig das Reisen für Alle und entsprechende Angebote sind. Diese dienen nicht zuletzt auch der Förderung des gegenseitigen Verständnisses, denn sowohl im Alltag als auch auf Reisen ist beispielsweise ein barrierefreier Zugang ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Er bietet allen Menschen die Freiheit, an ihr Wunschziele reisen zu können.

Die Preisverleihung

Am 11. September wurde das Diözesanmuseum Freising daher mit dem artouro Sonderpreis Barrierefreiheit ausgezeichnet. Mit dem Preis würdigte die Jury die jahrelangen Bemühungen aller Projektbeteiligten, den Bestandsbau mit seiner sehr anspruchsvollen Topgrafie barrierefrei zu gestalten. Das Projekt zeichnet sich besonders durch den Anspruch aus, einen Ort zu schaffen, der allen, unabhängig von ihrer Einschränkung, zugänglich gemacht wird.

Der Sonderpreis wurde von Staatsministerin Ulrike Scharf, MdL, Sabine Fischer, Hauptgeschäftsführerin der Bayerischen Architektenkammer und Markus Donhauser, Architekt und Sprecher des Beraterteams der Beratungsstelle Barrierefreiheit und Mitglied der Jury überreicht. Insbesondere wurde der gesellschaftliche Mehrwert des Projekts gelobt vor allem das herausragende Engagement für ein inklusives Gesamtkonzept hervorgehoben. 

Preisverleihung am 11.09.2024 im Diözesanmuseum Freising
Preisverleihung, v.l.n.r.: Generalvikar Christoph Klingan; Dr. Carmen Roll, DIMU; HGF Sabine Fischer, ByAK; Staatsministerin Ulrike Scharf, MdL; Günter Horn, Brückner & Brückner; Manfred Rudolf, Rudolf & Sohn Architekten; Markus Donhauser, Jurymitglied; Julia Schneider, iam; Foto: Johannes Müller, ByAK
Gruppenbild der Preisverleihung

Preisverleihung am 11.09.2024 im Diözesanmuseum Freising

Preisverleihung, v.l.n.r.: Generalvikar Christoph Klingan; Dr. Carmen Roll, DIMU; HGF Sabine Fischer, ByAK; Staatsministerin Ulrike Scharf, MdL; Günter Horn, Brückner & Brückner; Manfred Rudolf, Rudolf & Sohn Architekten; Markus Donhauser, Jurymitglied; Julia Schneider, iam; Foto: Johannes Müller, ByAK

Foto: Johannes Müller

Das Erfolgskonzept

Erschließung und Außenanlagen

Das Diözesanmuseum ist trotz der historischen Bausubstanz ganz selbstverständlich barrierefrei und damit auch rollstuhlgerecht zugänglich. Seit Mai 2024 ist der Freisinger Domberg und damit u.a. das Museum auch mit einem Schrägaufzug erreichbar. Notwendige Schwellen im Aufzug sind minimiert, um einen leichten Ein- und Austritt zu ermöglichen. Zudem wurden entsprechende Bewegungsfläche eingeplant, um mobilitätseingeschränkten Besuchern das Warten auf die Kabine und eine angenehme Fahrt zu ermöglichen.

Der Schrägaufzug kann eigenständig gestartet werden, alle Bedienungsknöpfe sind rollstuhlgerecht angebracht. Er startet oder mündet unmittelbar in der Freisinger Innenstadt. Sein Eingangsgebäude (Talstation) aus rot gefärbtem, gestocktem Beton schafft eine ansprechende, direkte Verbindung zur Stadt.

Über mehrere Rampen sind sowohl das Museum als auch die Kapelle der Künstlerin Kiki Smith (Kikis Chapel)barrierefrei zu erreichen. Alternativ stehen ebenfalls drei Behindertenparkplätze vor dem Haupteingang zur Verfügung. Die Mitarbeiterinnen am Empfang und in der Aufsicht sind zudem geschult und können jederzeit angesprochen werden.

Im Museumsgebäude können Rollstühle für den Besuch ausgeliehen werden. Außerdem stehen 25 tragbare Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Das gesamte Gebäude ist über Aufzüge erschlossen. Der zentrale Lichthof, die Räume der Museumspädagogik, die Bibliothek, das Restaurant und die ehemalige Kapelle, die nun die Lichtinstallation von James Turrell beherbergt, sind besondere Highlights und selbstverständliche Anlaufstationen des barrierefreien Erschließungskonzepts.
Die Terrasse des Restaurants ist mit einer automatischen Türöffnung versehen, sodass man sich hier ebenfalls einfach zwischen Innen- und Außenraum bewegen kann.

Barrierefreies Parken
Drei Behindertenparkplätze stehen gegenüber des Haupteingangs zur Verfügung
Blick auf drei barrierefreie Parkplätze

Barrierefreies Parken

Drei Behindertenparkplätze stehen gegenüber des Haupteingangs zur Verfügung

Foto: ByAK
Schwelle des Schrägaufzugs
Ein barrierefreier Eintritt in den Schrägaufzug
Eine Aufzugtür die auf dem selben Höhenniveau verläuft wie der anschließende Bodenbelag

Schwelle des Schrägaufzugs

Ein barrierefreier Eintritt in den Schrägaufzug

Foto: ByAK
Barrierefreie Erschließung zwischen Schrägaufzug und Haupteingang
Der Weg zwischen dem Schrägaufzug und dem Haupteingang ist durch Rampen verbunden
Blick auf eine Rampe

Barrierefreie Erschließung zwischen Schrägaufzug und Haupteingang

Der Weg zwischen dem Schrägaufzug und dem Haupteingang ist durch Rampen verbunden

Foto: ByAK
Barrierefreie Erschließung
Die barrierefreien Zugänge sind ausgeschildert
Blick auf eine Wand mit einem Rollstuhlsymbol

Barrierefreie Erschließung

Die barrierefreien Zugänge sind ausgeschildert

Foto: ByAK
Bedienungsknöpfe im Aufzug
Die bedienungsknöpfe sind ausreichend groß dimensioniert und mit Blindenschrift versehen
Blick auf Bedienungsknöpfe im Aufzug

Bedienungsknöpfe im Aufzug

Die bedienungsknöpfe sind ausreichend groß dimensioniert und mit Blindenschrift versehen

Foto: ByAK
Eingang Schrägaufzug
Eingangsgebäude zum Schrägaufzug und Verbindung zur Innenstadt
Blick auf kleines Gebäude aus rot gestocktem Beton

Eingang Schrägaufzug

Eingangsgebäude zum Schrägaufzug und Verbindung zur Innenstadt

Foto: ByAk
Blick aus dem Schrägaufzug

Blick aus dem Schrägaufzug

Foto: ByAK
Blick auf die Lichtinstallation von James Turrell
Blick auf einen grün geleuchteten Raum mir runder Wandöffnung, in dem die Kanten durch die Belichtung verschwimmen

Blick auf die Lichtinstallation von James Turrell

Foto: Florian Holzherr
Ein Blick auf die Lichtinstallation durch eine ovale Öffnung

Blick auf die Installation aus dem Erdgeschoss

Foto: Florian Holzherr
Bild eines Rollstuhls

Ausleihbare Rollstühle im Eingangsbereich

Foto: ByAK
Bild einer Gehhilfe

Ausleihbare Gehhilfe im Eingangsbereich

Foto: ByAK

Architektur und Innenarchitektur

Das barrierefreie Konzept reicht von der äußeren Erschließung bis in die Innenräume. Alle Räume und Übergänge sind großzügig dimensioniert. Die Böden und Übergänge sind auf gleichem Höhenniveau miteinander verbunden. Dies war u.a. im Lichthof eine besondere Herausforderung, der ursprünglich über Stufen abgesenkt erreicht werden konnte. In Abstimmung mit der Denkmalpflege konnten die Architekten im Rahmen der Umbaumaßnahmen diesen besonderen Raum nun schwellenlos ausführen. Eine besondere räumliche Qualität, die das Gesamtkonzept auszeichnet. Die neu gestaltete Schausammlung ist in rollstuhlgerechten Abständen und Durchgängen angeordnet. Zudem sind die Sockelhöhen und Beschriftungen auf die Sitzhöhe von Personen, die den Rollstuhl nutze, abgestimmt. Um allen Interessierten einen Besuch zu ermöglichen, wird eine multisensorischen Taststation und ein Audioguide angeboten

Blick auf eine Terrassentür mit manuellem Türöffner

Ebenerdiger Zugang zu Restaurantterrasse

ByAKFoto: ByAK
Detailaufnahme des Türöffners

Automatischer Türöffner Restaurantterrasse

Inklusives Angebot im Museumsprogramm und Pädagogik

Zu einem ganzheitlichen Konzept gehört nicht nur die gebaute Barrierefreiheit, sondern auch ein inklusives Angebot im Programm. Auch in diesem Bereich zeichnet sich das Diözesanmuseum durch ein umfangreiches Angebot aus. Es werden Blinden- und Gehörlosenführungen durch die Sammlungen geboten. Ebenso gibt es Führungen für Senioren sowie Kinder- und Jugendgruppen mit inklusivem oder integrativem Bedarf.  Um die soziale Barrierefreiheit zu unterstützen, bietet das Museum bedarfsgerecht eine Ermäßigung des Eintrittspreises an. Das Museum steht, wenn es um die Entwicklung von zukünftigen inklusiven oder integrativen Projekten und Angeboten geht, auch im Austausch mit inklusiven Organisationen, wie der Stiftung Pfennigparade und weiteren Seelsorgeeinrichtungen. Die Mitarbeiterinnen des Museums werden kontinuierlich im sozialen Bereich geschult. So können individuelle Betreuung und Begleitungen bei besonderen Anforderungen angeboten werden.

Blick auf einen Raum mit Tischen und Stühlen für Kinder

Räume für Museumspädagogik im Keller

Foto: ByAK
Blick auf Museumspädagogische Räume mit Tischen und Stühlen

Museumspädagogische Räume im Erdgeschoss

Foto: ByAK

Barrierefreiheit ganzheitlich gedacht

Das Museum überzeugt sowohl in der barrierefreien Gestaltung als auch mit den zahlreichen Programmen im Museumsalltag. Auch Künstlerinnen und Künstler sind bereits auf das Gebäude aufmerksam geworden. Der Musiker Sido drehte dort ein Musikvideo mit der Schauspielerin Kassandra Wedel, die den Text des Songs im Video in Gebärdensprache wiedergibt. 

Wir gratulieren allen Projektbeteiligten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herzlich zu der Auszeichnung und bedanken uns für ihre kontinuierlichen Bemühungen den Museumsbesuch für alle Besucherinnen und Besucher barrierefrei zu gestalten und können nur dafür werben, sich diesen besonderen Ort einmal persönlich anzusehen