Sonderpreis artouro für das Projekt Geöffnete Wände. Neugestaltung Diözesanmuseum Freising
- Zeitraum: April 2024
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Beratungsschwerpunkt:
- Planen & Bauen
Ein Gebäude des 19. Jahrhunderts, das sich auf einem 30 Meter hohem Berg befindet: Bei diesem Bild im Kopf denkt man nicht als erstes an einen leichten Zugang, ganz zu schweigen von einer barrierefreien Erschließung.
Das Diözesanmuseum auf dem Domberg in Freising zeigt eindrucksvoll, dass weder Bauen im Bestand noch eine anspruchsvolle Topografie Barrierefreiheit und damit Erreichbarkeit und Nutzbarkeit für alle ausschließen – im Gegenteil. Das Gebäude verfügt über 3 Etagen und ein Kellergeschoss. Über diese vier Etagen erstreckt sich ein breit gefächertes Angebot an Ausstellungen, museumspädagogischen Kursen und ein Restaurant mit Terrasse und Außenflächen. Auf den Freianlagen des Museums kann außerdem die Kiki Smith Kapelle besichtigt werden.
Auszeichung für Neugestaltung
Im Juli wurden die Architekten Brückner & Brückner für das Projekt „Geöffnete Wände. Neugestaltung Diözesanmuseum“ gemeinsam mit iam – Interior architects munich und realgrün Landschaftsarchitekten mit dem artouro Tourismuspreis 2024 ausgezeichnet. Der artouro wird alle 4 Jahre von der Bayerischen Architektenkammer gemeinsam mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus ausgelobt und ist deutschlandweit der einzige Tourismuspreis in der Kategorie Architektur. Im Kontext des 40. Jubiläumjahres der Beratungsstelle Barrierefreiheit wurde im Rahmen des artouro, initiiert durch die Beratungsstelle und unter der Schirmherrschaft das Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales, dieses Jahr zusätzlich ein Sonderpreis Barrierefreiheit vergeben. Der Preis soll erstmalig auch ein besonders gelungenes inklusives Gestaltungskonzept im gebauten Raum auszeichnen und hervorheben, wie wichtig das Reisen für Alle und entsprechende Angebote sind. Diese dienen nicht zuletzt auch der Förderung des gegenseitigen Verständnisses, denn sowohl im Alltag als auch auf Reisen ist beispielsweise ein barrierefreier Zugang ein wesentliches Qualitätsmerkmal. Er bietet allen Menschen die Freiheit, an ihr Wunschziele reisen zu können.
Die Preisverleihung
Am 11. September wurde das Diözesanmuseum Freising daher mit dem artouro Sonderpreis Barrierefreiheit ausgezeichnet. Mit dem Preis würdigte die Jury die jahrelangen Bemühungen aller Projektbeteiligten, den Bestandsbau mit seiner sehr anspruchsvollen Topgrafie barrierefrei zu gestalten. Das Projekt zeichnet sich besonders durch den Anspruch aus, einen Ort zu schaffen, der allen, unabhängig von ihrer Einschränkung, zugänglich gemacht wird.
Der Sonderpreis wurde von Staatsministerin Ulrike Scharf, MdL, Sabine Fischer, Hauptgeschäftsführerin der Bayerischen Architektenkammer und Markus Donhauser, Architekt und Sprecher des Beraterteams der Beratungsstelle Barrierefreiheit und Mitglied der Jury überreicht. Insbesondere wurde der gesellschaftliche Mehrwert des Projekts gelobt vor allem das herausragende Engagement für ein inklusives Gesamtkonzept hervorgehoben.
Das Erfolgskonzept
Erschließung und Außenanlagen
Das Diözesanmuseum ist trotz der historischen Bausubstanz ganz selbstverständlich barrierefrei und damit auch rollstuhlgerecht zugänglich. Seit Mai 2024 ist der Freisinger Domberg und damit u.a. das Museum auch mit einem Schrägaufzug erreichbar. Notwendige Schwellen im Aufzug sind minimiert, um einen leichten Ein- und Austritt zu ermöglichen. Zudem wurden entsprechende Bewegungsfläche eingeplant, um mobilitätseingeschränkten Besuchern das Warten auf die Kabine und eine angenehme Fahrt zu ermöglichen.
Der Schrägaufzug kann eigenständig gestartet werden, alle Bedienungsknöpfe sind rollstuhlgerecht angebracht. Er startet oder mündet unmittelbar in der Freisinger Innenstadt. Sein Eingangsgebäude (Talstation) aus rot gefärbtem, gestocktem Beton schafft eine ansprechende, direkte Verbindung zur Stadt.
Über mehrere Rampen sind sowohl das Museum als auch die Kapelle der Künstlerin Kiki Smith (Kikis Chapel)barrierefrei zu erreichen. Alternativ stehen ebenfalls drei Behindertenparkplätze vor dem Haupteingang zur Verfügung. Die Mitarbeiterinnen am Empfang und in der Aufsicht sind zudem geschult und können jederzeit angesprochen werden.
Im Museumsgebäude können Rollstühle für den Besuch ausgeliehen werden. Außerdem stehen 25 tragbare Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Das gesamte Gebäude ist über Aufzüge erschlossen. Der zentrale Lichthof, die Räume der Museumspädagogik, die Bibliothek, das Restaurant und die ehemalige Kapelle, die nun die Lichtinstallation von James Turrell beherbergt, sind besondere Highlights und selbstverständliche Anlaufstationen des barrierefreien Erschließungskonzepts.
Die Terrasse des Restaurants ist mit einer automatischen Türöffnung versehen, sodass man sich hier ebenfalls einfach zwischen Innen- und Außenraum bewegen kann.
Architektur und Innenarchitektur
Das barrierefreie Konzept reicht von der äußeren Erschließung bis in die Innenräume. Alle Räume und Übergänge sind großzügig dimensioniert. Die Böden und Übergänge sind auf gleichem Höhenniveau miteinander verbunden. Dies war u.a. im Lichthof eine besondere Herausforderung, der ursprünglich über Stufen abgesenkt erreicht werden konnte. In Abstimmung mit der Denkmalpflege konnten die Architekten im Rahmen der Umbaumaßnahmen diesen besonderen Raum nun schwellenlos ausführen. Eine besondere räumliche Qualität, die das Gesamtkonzept auszeichnet. Die neu gestaltete Schausammlung ist in rollstuhlgerechten Abständen und Durchgängen angeordnet. Zudem sind die Sockelhöhen und Beschriftungen auf die Sitzhöhe von Personen, die den Rollstuhl nutze, abgestimmt. Um allen Interessierten einen Besuch zu ermöglichen, wird eine multisensorischen Taststation und ein Audioguide angeboten
Inklusives Angebot im Museumsprogramm und Pädagogik
Zu einem ganzheitlichen Konzept gehört nicht nur die gebaute Barrierefreiheit, sondern auch ein inklusives Angebot im Programm. Auch in diesem Bereich zeichnet sich das Diözesanmuseum durch ein umfangreiches Angebot aus. Es werden Blinden- und Gehörlosenführungen durch die Sammlungen geboten. Ebenso gibt es Führungen für Senioren sowie Kinder- und Jugendgruppen mit inklusivem oder integrativem Bedarf. Um die soziale Barrierefreiheit zu unterstützen, bietet das Museum bedarfsgerecht eine Ermäßigung des Eintrittspreises an. Das Museum steht, wenn es um die Entwicklung von zukünftigen inklusiven oder integrativen Projekten und Angeboten geht, auch im Austausch mit inklusiven Organisationen, wie der Stiftung Pfennigparade und weiteren Seelsorgeeinrichtungen. Die Mitarbeiterinnen des Museums werden kontinuierlich im sozialen Bereich geschult. So können individuelle Betreuung und Begleitungen bei besonderen Anforderungen angeboten werden.
Barrierefreiheit ganzheitlich gedacht
Das Museum überzeugt sowohl in der barrierefreien Gestaltung als auch mit den zahlreichen Programmen im Museumsalltag. Auch Künstlerinnen und Künstler sind bereits auf das Gebäude aufmerksam geworden. Der Musiker Sido drehte dort ein Musikvideo mit der Schauspielerin Kassandra Wedel, die den Text des Songs im Video in Gebärdensprache wiedergibt.
Wir gratulieren allen Projektbeteiligten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herzlich zu der Auszeichnung und bedanken uns für ihre kontinuierlichen Bemühungen den Museumsbesuch für alle Besucherinnen und Besucher barrierefrei zu gestalten und können nur dafür werben, sich diesen besonderen Ort einmal persönlich anzusehen