Heilpädagogische Tagesstätte – inklusive Architektur für Kinder
- Zeitraum: Juli 2024
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Beratungsschwerpunkt:
- Planen & Bauen
Die Heilpädagogische Tagesstätte in Haar von kammerl + kollegen Architekten aus Pfaffing ist ein nachhaltiges Haus für Kinder und Jugendliche, das Inklusion und ein offenes Miteinander verschiedener Altersgruppen ermöglicht. Das Gebäude erfüllt in beeindruckender Weise eine Vielzahl ökologischer, klimarelevanter und sozialer Nachhaltigkeitskriterien.
Das dreigeschossige Multifunktionsgebäude auf dem Gelände der Evangelischen Jesuskirche bietet eine Mischnutzung aus Kindertagesstätte, betreutem Wohnen, Mitarbeiterwohnen und Arbeiten. Damit wird das bereits bestehende Angebot einer Kindertagesstätte auf dem Kirchengelände ergänzt. Der Neubau beherbergt im Erdgeschoss und in Teilen des Obergeschosses die Kindertagesstätte mit zwei Kleingruppen und einer Hortgruppe sowie Büroräume für das Personal. Darüber hinaus sind im Ober- und Dachgeschoss eine integrative Wohngruppe und drei Wohneinheiten für Mitarbeiter untergebracht.
Kooperativ, inklusiv und barrierefrei
Die verschiedenen Angebote der Diakonie München und Oberbayern richten sich an Kinder und Jugendliche, die heilpädagogisch oder (therapeutisch) integrativ betreut und gefördert werden. In allen Gruppen besteht die Möglichkeit, junge Menschen mit einer Körper- oder Sinnesbeeinträchtigung aufzunehmen, da das gesamte Haus barrierefrei und rollstuhlgerecht ausgestattet ist. In der heilpädagogischen Tagesstätte werden Kindergarten- und Hortkinder mit unterschiedlichem Förderbedarf individuell unterstützt. In der therapeutischen Wohngruppe mit inklusiven Plätzen werden zudem Kinder und Jugendliche rund um die Uhr betreut. Ein Projekt für junge Männer im Alter von 16 bis 21 Jahren, die dort lernen, sich ein eigenständiges und strukturiertes Leben aufzubauen, ergänzt das therapeutische Angebot.
Alle neuen und bestehenden Einrichtungen kooperieren miteinander und schaffen Synergien. Der Aspekt der Barrierefreiheit wurde durchgängig im Gebäude und auch in den Außenanlagen berücksichtigt, um allen Nutzerinnen und Nutzern eine uneingeschränkte Mobilität zu ermöglichen. Insbesondere die Spielflächen sind auf Inklusion ausgerichtet: Neben einer Schaukel mit speziellem Inklusionssitz wurden ein Trampolin für Kinder mit Rollstuhl sowie ein unterfahrbarer Matschtisch in das Gelände mit Rutschhügel, Kieswasserlauf, Sandspielbereich und geschwungenen Wegen für Roller- und Rutschautorennen integriert.
Nachhaltig, energieeffizient und klimafreundlich
Der schlichte, längliche Holzkubus wurde in das bestehende Ensemble aus Kirche, Pfarrhaus und Kindergarten eingefügt und beansprucht durch die kompakte Bauweise möglichst wenig Grundfläche. Konstruktiv ist der Neubau ein Stahlbeton-Holz-Hybrid. Das Untergeschoss, die Tiefgarage, das Treppenhaus und das Tragwerk des Erdgeschosses wurden in Stahlbetonbauweise ausgeführt, im Obergeschoss und Dachgeschoss bestehen die Wand- und Tragkonstruktionen aus Brettsperrholz, hauptsächlich in Fichte. Die Fassadenverkleidung wurde mit Holzfaserplatten und vertikalen Lärchenholzleisten ausgeführt. Dämmmaterialien sind aus Holzwolle und Zellulose. Im Innenausbau wurden weitgehend nachwachsende Rohstoffe und ökologisch zertifizierte Baustoffe verwendet. Die Gruppen-, Wohn- und Verwaltungsbereiche wurden mit ökologischen Oberflächen wie zertifizierten Linoleumböden, PEFC-zertifizierten HWL-Deckenplatten und ökologischen Anstrichen gestaltet. Energetisch erfüllt das Multifunktionsgebäude mit Photovoltaikanlage auf dem Dach und Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Gastherme (Spitzenlastkessel) die Anforderungen des KfW 55-Standards nach EnEV 2016. Dies unterstützt den ökologisch denkenden Ansatz der gesamthaften Gebäudeumsetzung.
Auszeichnung „KlimaKulturKompetenz“ und „Bayern barrierefrei“
Die Heilpädagogische Tagesstätte für Kinder und Jugendliche wurde im Rahmen der letztjährigen Architektouren 2023 mit dem Prädikat „KlimaKulturKompetenz“ in den Kategorien „Energieeffizienz“ und „Barrierefreiheit“ ausgezeichnet. Zudem wurde die Kindertagesstätte mit integrativen Wohngruppen mit dem Signet „Bayern barrierefrei“ geehrt.
„In unserer Gesellschaft müssen alle gleichberechtigt teilhaben! Die heilpädagogische Tagesstätte ist ein Ort ohne Barrieren. Kinder mit Autismus, einer psychischen Erkrankung oder körperlicher Beeinträchtigung erhalten die Unterstützung, die sie benötigen. Das Gebäude ist rollstuhlgerecht und barrierefrei. Die Schaukel im Garten hat einen Inklusionssitz, der Betreuungsschlüssel ist besonders hoch und der Bau nachhaltig – geheizt wird mit Wärmepumpe und Solarmodulen. Die Tagesstätte ist ein Vorreiter für inklusive und nachhaltige Architektur. Das Konzept leistet einen wichtigen Beitrag zu Teilhabe, Chancengleichheit und Klimaschutz!“,
freute sich Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf gemeinsam mit der Kammerpräsidentin Prof. Lydia Haack bei der Verleihung des Prädikats „KlimaKulturKompetenz“ und des Signets „Bayern barrierefrei“ im vergangenen Herbst.
Autorin: Bettina Sigmund