19.12.2024

Welche Logos und Siegel für Leichte Sprache gibt es und wofür stehen sie?

Leichte Sprache und Unterstützte Kommunikation

4 Hefte in Leichter Sprache und ein Buch zur Leichten Sprache liegen auf einem Tisch. Die Hefte und das Buch zeigen unterschiedliche Siegel für Leichte Sprache.

Foto: Lisa Schiedermaier

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an Logos, Icons und Siegeln für Leichte Sprache. Welche Institutionen stecken hinter ihnen und wofür stehen sie? Was sagen sie über die Texte aus, die mit ihnen gekennzeichnet sind? Hier bekommen Sie einen Überblick.

„Leichte Sprache“ – und was genau?

Auf Heften und Flyern genauso wie auf Homepages findet sich in verschiedenster Art und Weise der Hinweis, dass der vorliegende Text in „Leichter Sprache“ ist. Meist handelt es sich um kleine Symbolbilder oder ein zeichenhaftes Symbol mit der Aufschrift „Leichte Sprache“.

Der erste grundlegende Unterschied ist folgender: Manche dieser Symbole sind tatsächlich erst einmal nur ein Hinweis auf die Leichte Sprache, sollen Leserinnen und Leser also darauf aufmerksam machen, dass hier etwas in Leichter Sprache vorliegt. Andere verweisen auf ein Regelwerk, an dem sich die Verfasser orientiert haben und zuletzt gibt es auch Siegel, die nur nach einer entsprechenden Qualitätsprüfung vergeben werden durften. Wer sich nicht gut auskennt, kann da schnell einmal durcheinanderkommen.

Hier sind einige bekannte Siegel und die Voraussetzungen für ihre Nutzung:

Das Easy-to-read Logo von Inclusion Europe ist ein blaues Quadrat mit einem weißen Heft mit Text und einem Daumenhoch-Zeichen mit einem lächelnden Gesicht im Hintergrund.

Foto: Inclusion Europe

1. Das Easy-to-read Logo von Inclusion Europe

Inclusion Europe ist eine europäische Organisation, die sich für die Rechte von Menschen mit Lernschwierigkeiten einsetzt und damit auch für die eine verständliche Sprache. Sie hat in vielerlei Hinsicht die Grundlagen zur Entwicklung einer regelhaften Leichten Sprache gelegt. Das Logo von Inclusion Europe dürfte vielen bekannt vorkommen, das lesende „Männchen“ in weiß auf blauem Grund war und ist Grundlage für eine Art allgemeines Leichte-Sprache-Symbol, wie es oft auch in abgewandelter Form auf den Umschalt-Buttons von Websites zu sehen ist.

Das Easy-to-read Logo von Inclusion Europe darf jeder verwenden, der sich an folgende Kriterien hält:

  • Einhaltung der Regeln nach dem Regelwerk von Inclusion Europe („European standards for making information easy to read and understand“)
  • Einbindung der folgenden Angabe: „© European Easy-to-Read Logo: Inclusion Europe. More information at www.inclusion-europe.eu/easy-to-read

Die Regeln beinhalten Vorgaben für Wortwahl und Grammatik sowie für Gestaltung, Zielgruppenorientierung u.v.m. Die Prüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten gehört dabei ebenfalls mit zum Konzept. Mindestens eine Person mit Lernschwierigkeiten sollte den Text geprüft haben. Es gibt allerdings keinerlei Überprüfung, inwiefern die Regeln eingehalten werden.

Die Richtlinien in verschiedenen Sprachen und weitere Informationen finden Sie auf der Website von Inclusion Europe: https://easy-to-read.inclusion-europe.eu/de/europaisches-logo/

Das Qualitätssiegel des Netzwerks Leichte Sprache e.V. ist eine rote Sprechblase mit dem Text "Leichte Sprache" und einer kleineren blauen Sprechblase in der Mitte mit einem weißen Haken.

Foto: Netzwerk Leichte Sprache e.V.

2. Qualitätssiegel des Netzwerks Leichte Sprache e.V.

Das Netzwerk Leichte Sprache setzt sich für inklusiv erstellte Leichte Sprache ein. Das Qualitätssiegel des Netzwerks Leichte Sprache e.V. kann nicht frei genutzt werden, sondern ist u.a. an eine Mitgliedschaft im Verein sowie die unbedingte Prüfung durch Menschen mit Lernschwierigkeiten gebunden.

Hier sind die wichtigsten Vergabekriterien im Überblick:

Einhaltung der Regeln nach dem Netzwerk Leichte Sprache e. V. Die Regeln beinhalten Vorgaben für Wortwahl und Grammatik sowie für Gestaltung, Zielgruppenorientierung u.v.m.

Das Siegel darf nur vergeben werden, wenn mindestens zwei Personen mit Lernschwierigkeiten den Text geprüft und die Verständlichkeit bestätigt haben.

Die Übersetzenden müssen eine zertifizierte Ausbildung beim Netzwerk Leichte Sprache e. V. haben und aktives Mitglied im Netzwerk sein.

Die Eignung, um Texte mit Siegel verfassen/anbieten zu dürfen, muss jährlich neu nachgewiesen werden und wird vom Netzwerk Leichte Sprache überprüft.

Das Regelwerk des Netzwerks Leichte Sprache finden Sie hier als zum Download: https://www.netzwerk-leichte-sprache.de/de/infos-zur-leichten-sprache/die-regeln 

Weitere Informationen zum Netzwerk finden Sie auf der Website des Vereins: https://www.netzwerk-leichte-sprache.de/de/

Das Prüfsiegel „Leichte Sprache wissenschaftlich geprüft“ der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim ist ein blauer Kreis mit dem Text "Forschungsstelle Leichte Sprache". In dem Kreis steht der Text "Leichte Sprache wissenschaftliche geprüft" mit einem weißen Haken.

Foto: Diplom-Designer Martin Markwort

3. Das Prüfsiegel „Leichte Sprache wissenschaftlich geprüft“ der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim

Die Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim setzt Leichte Sprache nach sprachwissenschaftlichen Standards um.

Um das Prüfsiegel zu erhalten, müssen Textschaffende die Übersetzung bei der Forschungsstelle Leichte Sprache einreichen, wo sie mittels einer Software auf sprachwissenschaftliche Verständlichkeitsmerkmale überprüft wird. Ergänzend erfolgt eine Überprüfung aus übersetzungswissenschaftlicher Perspektive. Nach Freigabe bzw. entsprechender Überarbeitung wird das Prüfsiegel ausgestellt und darf auf den Text vergeben werden.

Weitere Informationen zum Prüfvorgang und zur Forschungsstelle Leichte Sprache finden Sie auf der Website der Forschungsstelle:

https://www.uni-hildesheim.de/fr/leichtesprache/forschung-und-projekte/pruefsiegel/

Das Logo "Leichte Sprache" der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim ist ein blauer Kreis mit dem Text "Leichte Sprache"

Foto: Forschungsstelle Leichte Sprache

3.1 Das Logo "Leichte Sprache" der Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim

Dieses Siegel darf von allen genutzt werden, die Texte in Leichter Sprache nach dem Regelwerk der Forschungsstelle Leichte Sprache erstellen.

Im Gegensatz zu dem Prüfsiegel der Forschungsstelle muss hierfür kein Nachweis erbracht werden. Auch eine Zielgruppenprüfung ist explizit nicht vorgesehen.

Das Siegel verweist somit auf Einhaltung des Regelwerks der Forschungsstelle und ist daher eher ein Hinweis auf Leichte Sprache bzw. ein Logo, das zum Ziel hat, Leichte Sprache niederschwellig erstellen zu können.

Das Regelwerk der Forschungsstelle sowie das Siegel zum Download finden Sie auf der Website der Forschungsstelle: https://www.uni-hildesheim.de/fr/leichtesprache/forschung-und-projekte/pruefsiegel/

 

Hinweis: Sowohl das Prüfsiegel als auch das Siegel ohne Überprüfung gibt es auch für Einfache Sprache.

Das neue Siegel von Capito mit dem Text "capito" und dem entsprechenden Sprachlevel A1, A2 und B1.

Foto: Capito

4. Die Gütesiegel von Capito

Capito ist ein Unternehmen, das sich auf die Erstellung von Texten in leicht verständlicher Sprache spezialisiert hat. Die einzelnen Anbieter sind Franchise-Partner des Hauptunternehmens.

Capito arbeitet mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden von Übersetzungen, die sich an den Sprachstufen A1 bis B1 des europäischen Referenzrahmens für Sprachen orientieren, der im Fremdsprachenerwerb gängig ist. Das Gütesiegel „Capito A1“ entspricht in dieser Aufteilung der Leichten Sprache mit Regeln, die sich an den Regeln des Netzwerks Leichte Sprache e. V. orientieren, A2 und B1 sind entsprechend komplexer.

Voraussetzungen für das Siegel sind:

  • Einhaltung der capito-Qualitätsstandards
  • Nur Partnerinnen und Partner, die bei capito eine Prüfung abgelegt haben, dürfen das Gütesiegel verwenden
  • Die Verständlichkeitsprüfung durch Personen aus der Zielgruppe ist vorgeschrieben
Das alte Siegel von Capito mit dem Text LL für „Leicht Lesen“ und dem entsprechenden Sprachlevel A1, A2 und B1.

Foto: Capito

Bei älteren Texten findet sich noch das frühere Siegel von capito, die Buchstaben LL für „Leicht Lesen“ und das entsprechende Sprachlevel beinhaltet.

Die Kriterienkataloge für die capito-Standards finden Sie hier auf der Website von capito: TÜV-zertifizierte Übersetzungen - capito Methode

5. Weitere Logos oder Zeichen für Leichte Sprache

Leichte Sprache wird immer verbreiteter und viele Institutionen machen sich auf den Weg, vor allem online, Inhalte in Leichter Sprache anzubieten. Gerade bei Webseiten, die viele Inhalte und Unterseiten enthalten, zum Beispiel Webseiten von Städten oder Kommunen, stammen nicht immer alle Übersetzungen vom gleichen Anbieter und können durchaus auch nach unterschiedlichen Standards zertifiziert oder erstellt worden sein. Daher gibt es oft unabhängig von den entsprechenden Qualitätssiegeln „Hinweis“-Logos, die die Texte in Leichter Sprache kennzeichnen. Eine durchaus sinnvolle Sache, so können alle schnell erkennen, dass es sich um Texte in Leichter Sprache handelt. Es lohnt sich aber ein zweiter Blick darauf, nach welchen Standards der Text erstellt wurde.

Auch bei den Begrifflichkeiten ist es wichtig, genau hinzusehen: Manche Logos enthalten den Begriff „geprüft“. Dieser wird aber sehr unterschiedlich verstanden. So kann der Begriff „geprüft“ sowohl für die Verständlichkeitsprüfung durch Personen mit Lernschwierigkeiten stehen, als auch für eine technische Prüfung z. B. nach linguistischen Kriterien.

Hinweis: Die in den Text eingebundenen Siegel und Logos dienen allein der Veranschaulichung und zeichnen in keiner Weise den Text oder Teile davon aus.

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