12.10.2025

Prüfkriterium 9.1.4.4: Text auf 200% vergrößerbar

Digitale Barrierefreiheit

In der Webwelt gibt es unzählige Schriftarten. Jeden Tag kommen mehr dazu. Sie bestechen durch ihr individuelles Design und wirken sich maßgeblich auf den Stil einer Website aus. Beim Umgang mit verschiedenen Schriften fällt auf, dass manche kleiner erscheinen als andere, obwohl die gleiche Schriftgröße verwendet wurde. Das liegt unter anderem an unterschiedlichen Höhen und Breiten der Buchstaben und ihrer Abstände zueinander. Auch die Strichstärke und der Stil (z. B. kursiv und mit Serifen) spielen eine Rolle.

Welche Anforderungen stellt die Barrierefreiheit an Schriften und Lesbarkeit?

Aus Sicht der Barrierefreiheit haben Design-Teams bei der Wahl der Schriftart und ihrer Größe freie Hand. Klar ist: Gut leserlich sollte sie sein. Damit ist allen geholfen. Besonders leserlich für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen sind sogenannte humanistische, serifenlose Schriftarten, wie zum Beispiel „The Sans“. Weitere wertvolle Tipps und Informationen hierzu finden Sie in unserem Artikel zum Thema Schriftgröße und auf Leserlich.info.

Bei aller Kreativität gibt es dennoch einige Aspekte, die es gemäß EN 301 549 in Sachen Schrift und Lesbarkeit zu beachten gilt:

In diesem Artikel widmen wir uns dem letzten Punkt: Prüfschritt 9.1.4.4: Texte müssen auf 200 Prozent vergrößerbar sein.

Warum ist der Prüfschritt wichtig?

Laut eines Artikels über Inklusion von Menschen mit Sehbehinderung von der Weltgesundheitsorganisation leben in der Europäischen Union „etwa 90 Mio. Menschen mit einer Sehbehinderung oder Erblindung“. Viele von ihnen sind auf Hilfsmittel angewiesen, um sich Texte vorlesen zu lassen oder selbstständig lesen zu können.

Diejenigen, die noch ausreichend Sehkraft haben, profitieren im digitalen Raum zum Beispiel von der Browser-Funktionalität, Website-Inhalte vergrößern zu können – inklusive der Texte. Viele Browser bieten heutzutage diese Möglichkeit und erlauben auch benutzerdefinierte Einstellungen, bei denen der Nutzer den Zoom standardmäßig festlegen kann. Nicht jede Person benötigt einen 200-fachen Zoom. Daher muss die Vergrößerbarkeit in Stufen vorgenommen werden können. Damit kommen wir zu den Anforderungen des Prüfschritts.

Anforderungen des Prüfschritts

Der Text von Webseiten muss in mehreren Schritten auf bis zu 200 Prozent vergrößert werden können. Bei der Vergrößerung dürfen keinerlei Informationen oder Funktionalitäten verloren gehen oder überdeckt werden.

Die Vergrößerung muss entweder mithilfe des Browser-Zooms möglich sein oder durch ein Bedienelement, das auf der Website zu diesem Zweck angeboten wird. Heutzutage sind solche eigens bereitgestellten Bedienelemente nicht mehr nötig, da viele Browser die Vergrößerungs-Funktion bereits beinhalten.

Wichtige Hinweise zur Umsetzung

Sollte ein eigenes Bedienelement auf der Seite vorhanden sein, muss es folgende Anforderungen erfüllen:

  • Es muss deutlich sichtbar im oberen Seitenbereich verortet sein.
  • Die Vergrößerung auf 200 Prozent muss in mehreren Stufen möglich sein.
  • Es muss die Option bieten, wieder in die Ausgangsschriftgröße zurückzukehren.
  • Außerdem muss das Bedienelement – so, wie alle sonstigen Bedienelemente auch – alle weiteren Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen. Es muss zum Beispiel die Anforderungen an Kontrastverhältnisse, Tastaturbedienbarkeit und an das Vorhandensein von Name, Rolle und Wert beachten.

Verlässt sich ein Entwickler-Team auf die Vergrößerungsfunktion des Browsers, kann es überprüfen, ob die eigene Webseite die Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllt. Ausschlaggebende Browser zum Prüfen sind Firefox und Chrome. Die Browserfenstergröße muss jeweils 1280x768 betragen. Eine genaue Anleitung zum Überprüfen liefert der Prüfschritt 9.1.4.4 von BITV Test.de.

Fazit

Die Möglichkeit, Textinhalte auf 200 Prozent zu vergrößern, ist ein zentraler Bestandteil barrierefreier Webgestaltung. Das in der analogen Welt oft ungeliebte „Kleingedruckte“ hat in der digitalen Welt keine Chance. Mit wenigen Klicks (und ganz ohne Zusatzhilfsmittel wie einer Lupe oder Brille), wird alles gut lesbar. Am Ende profitiert davon jeder, nicht nur Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung.

Autorin: Stiftung Pfennigparade