19.05.2025

Prüfkriterium 9.1.4.2: Ton abschaltbar

Digitale Barrierefreiheit

Digitale Barrierefreiheit umfasst zahlreiche Aspekte, darunter auch die Steuerung von Audioinhalten. Der Prüfschritt 9.1.4.2 "Ton abschaltbar"stellt sicher, dass Nutzende nicht durch automatisch abgespielte Töne beeinträchtigt werden und die Kontrolle über Audioinhalte behalten.

Dieser Prüfschritt ist Bestandteil der Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung (BITV) und basiert auf den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1, Erfolgskriterium 1.4.2.

Warum ist dieser Prüfschritt wichtig?

Automatische Audioinhalte können problematisch sein, insbesondere für:

  • Blinde Menschen, die mit einem Screenreader arbeiten. Automatisch startender Ton kann die Sprachausgabe überlagern und so die Orientierung auf der Webseite erheblich erschweren.
  • Personen mit kognitiven oder Aufmerksamkeitsbeeinträchtigungen, die durch unerwartete Klänge abgelenkt werden können.
  • Nutzende in geräuschempfindlichen Umgebungen, die plötzliche oder laute Klänge nicht erwarten.

Besonders störend sind laute Geräusche oder Sprache. Eine gleichmäßige Hintergrundmusik kann unter Umständen als weniger beeinträchtigend empfunden werden. Trotzdem sollte auch in diesen Fällen eine Steuerung bereitgestellt werden.

Anforderungen des Prüfschritts

Automatisch abgespielter Ton, der länger als drei Sekunden dauert, muss eine der folgenden Optionen bieten:

  • Eine Möglichkeit zur Deaktivierung des Tons.
  • Eine Steuerung zur Anpassung der Lautstärke, die unabhängig von der allgemeinen Systemlautstärke funktioniert, um zum Beispiel die Tonausgabe von Sprachausgabe-Hilfsmitteln nicht zu beeinträchtigen.

Wichtige Hinweise zur Umsetzung:

  • Der Abschalt- oder Lautstärkeregler muss sich am Seitenbeginn befinden und barrierefrei bedienbar sein – etwa durch ausreichende Kontraste und Tastaturbedienbarkeit.
  • Der Regler sollte es ermöglichen, den Ton komplett stummzuschalten – auf der niedrigsten Einstellung darf nichts mehr hörbar sein.
  • Eine alleinige Abschaltfunktion über Tastaturbefehle (zum Beispiel die Escape-Taste) reicht nicht aus, da viele Nutzende diese Möglichkeit nicht kennen oder erwarten.
  • Töne dürfen die Verständlichkeit von Screenreader-Ausgaben auch beim Auffinden des Abschaltmechanismus nicht beeinträchtigen.

Beispiele für barrierefreie Umsetzung

  1. Videoinhalte ohne Autoplay: Videos sollten nicht automatisch mit Ton starten. Alternativ kann der Ton standardmäßig stummgeschaltet sein, mit einer Option zur Aktivierung.
  2. Audio-Player mit Steuerungsmöglichkeiten: Falls eine Webseite Audioclips enthält, sollten diese nur auf explizite Nutzerinteraktion hin starten und über eine sichtbare Steuerung verfügen.
  3. Einstellungen zur Lautstärke: Webseiten mit Hintergrundmusik oder Soundeffekten sollten eine Option bieten, diese stummzuschalten oder anzupassen.

Fazit

Der Prüfschritt 9.1.4.2 stellt sicher, dass digitale Inhalte für alle Menschen zugänglich sind, indem sie ihnen Kontrolle über Audioinhalte geben. Besonders für blinde Menschen mit Screenreader oder Personen mit sensorischen oder kognitiven Einschränkungen ist dies essenziell. Entwicklungsteams sollten daher bereits in der Konzeption darauf achten, unerwartete Tonwiedergaben zu vermeiden und intuitive, barrierefreie Steuerungsmöglichkeiten bereitzustellen. So wird nicht nur die Barrierefreiheit erhöht, sondern auch die Nutzerfreundlichkeit für alle verbessert.

Autorin: Stiftung Pfennigparade

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