Leichte Sprache und deutsche Gebärdensprache auf Webseiten
Digitale Barrierefreiheit
Zugänglichkeit für alle – das ist das Ziel der gesetzlichen Forderung nach digitaler Barrierefreiheit für öffentliche Stellen. Neben technischen Aspekten verlangt der Gesetzgeber, dass auch Inhalte so gestaltet werden, dass sie für alle zugänglich sind.
In diesem Artikel beleuchten wir die Gründe, warum Leichte Sprache und Gebärdensprache wichtig sind, was der Gesetzgeber bei Webseiten fordert und was genau das für öffentliche Stellen in Bayern bedeutet.
Warum sind Leichte Sprache und Gebärdensprache wichtig?
Leichte Sprache und Gebärdensprache sind besondere Sprachformen, die spezifische Zielgruppen ansprechen und in ihrer eigenen Logik funktionieren.
Die Bedeutung von Leichter Sprache
Leichte Sprache ist speziell darauf ausgelegt, Informationen verständlicher zu machen. Sie folgt einer eigenen Grammatik und einem besonderen Aufbau. Leichte Sprache ist wichtig, weil komplexe Sprache viele Menschen ausschließen kann, darunter:
- Menschen mit kognitiven Einschränkungen: Dazu zählen Personen mit Lernschwierigkeiten, geistiger Behinderung oder Demenz, die einfache und klare Formulierungen benötigen.
- Menschen mit geringen Deutschkenntnissen: Hierzu gehören vor allem Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, beispielsweise Menschen mit Migrationshintergrund.
- Menschen mit geringer Lesekompetenz: Personen, die Schwierigkeiten mit Lesen und Schreiben haben, profitieren von Leichter Sprache. Dazu zählen funktionale Analphabeten oder Menschen mit Aphasie oder Autismus.
Leichte Sprache ermöglicht es diesen Zielgruppen, wichtige Informationen – etwa zu staatlichen Dienstleistungen, rechtlichen Fragen oder Unterstützungsangeboten – eigenständig zu verstehen und zu nutzen. Das fördert ihre Selbstständigkeit und Unabhängigkeit.
Hinweis: Mehr dazu, was leichte Sprache ist, lesen Sie in unserem Blogartikel zur Leichten Sprache.
Die Bedeutung von Gebärdensprache
Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist für viele gehörlose und schwerhörige Menschen die zentrale Kommunikationsform. Schriftliche Informationen reichen für diese Zielgruppe oft nicht aus, da Deutsch für sie eine Zweitsprache ist. Ohne Inhalte in Gebärdensprache bleiben viele Informationen schwer zugänglich. Zielgruppen der Gebärdensprache sind:
- Von Geburt an gehörlose Menschen: Für sie ist die Deutsche Gebärdensprache die Muttersprache. Sie lernen sie von klein auf, während die gesprochene Sprache mit ihrer eigenen Logik für sie eine Fremdsprache ist, die sie sich erst aneignen müssen.
- Menschen mit erworbener Gehörlosigkeit: Ihr Verständnis der gesprochenen Sprache variiert je nach Lebensphase, in der die Gehörlosigkeit eintrat. Insbesondere bei früher Gehörlosigkeit spielt Gebärdensprache oft eine zentrale Rolle.
- Menschen mit hochgradiger Schwerhörigkeit: Hier ist die Bedeutung der Gebärdensprache individuell unterschiedlich. Sie hängt von Hörvermögen, eingesetzten Hilfsmitteln, persönlichen Vorlieben und Zugang zur Gebärdensprache ab. Dennoch ist sie häufig eine wertvolle Ergänzung zur Lautsprache.
Übersetzungen erfordern Expertise
Leichte Sprache und Deutsche Gebärdensprache erfordern besondere Expertise. Professionelle Übersetzungen sollten daher nur von qualifiziertem Personal durchgeführt werden. Möchte man Webseitenbereiche in Leichte Sprache oder Deutsche Gebärdensprache übersetzen lassen, ist man in der Regel auf externe Dienstleister angewiesen.
Da es nur einen begrenzten Markt für diese Dienstleistungen gibt, entstehen Engpässe, wenn viele Unternehmen oder öffentliche Stellen gleichzeitig Inhalte übersetzen lassen möchten. Daher definiert der Gesetzgeber lediglich Mindestanforderungen für die Umsetzung in Leichte Sprache und Gebärdensprache.
Gesetzliche Vorgaben: Was müssen öffentliche Stellen in Bayern umsetzen?
Die gesetzliche Forderung ergibt sich in Deutschland aus der BITV 2.0 (§ 4), die Erläuterungen zur Webseite in Gebärdensprache und leichter Sprache verlangt. In Bayern konkretisiert die Bayerische Digitalverordnung (BayDiV (§9) für die bayerische Behördenstruktur. Das bedeutet:
Für Ministerien, Gerichte und Staatsanwaltschaften in Bayern gelten diese Anforderungen verbindlich. Für andere öffentliche Stellen sind sie eine Empfehlung:
Von allen Seiten des Webauftritts, also am besten in der Kopf- oder der Fußzeile, muss ein Link auf eine Seite in Leichter Sprache und in Deutscher Gebärdensprache gesetzt werden. Dieser Link verweist auf Seiten, die folgende Informationen in Leichter Sprache beziehungsweise als Video in Gebärdensprache enthalten:
- Informationen zu den wesentlichen Inhalten,
- Hinweise zur Navigation,
- eine Erläuterung der wesentlichen Inhalte der Erklärung zur Barrierefreiheit,
- Hinweise auf weitere in diesem Auftritt vorhandene Informationen in Deutscher Gebärdensprache und in Leichter Sprache.
Andere Bundesländer als Bayern haben andere Landesverordnungen mit eigenen Spezifikationen für deren Behördenstruktur.
Müssen Unternehmen leichte Sprache und Gebärdensprache anbieten?
Mit Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) werden Unternehmen verpflichtet, digitale Barrierefreiheit umzusetzen. Allerdings: weder der European Accessibility Act (EAA) noch das BFSG schreiben vor, dass auch Unternehmen Inhalte in leichter Sprache und Gebärdensprache bereitstellen müssen.
Fazit
Die gesetzliche Verpflichtung verlangt von öffentlichen Stellen, jeweils eine Übersichtsseite ihrer Webseite in Deutscher Gebärdensprache und Leichter Sprache anzubieten. Darüber hinaus können öffentliche Stellen jederzeit freiwillig weitere Inhalte in diesen Sprachformen bereitstellen. Wer jedoch alle Bürgerinnen und Bürger optimal erreichen möchte, sollte insbesondere wichtige Inhalte der Webseite auch in Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache anbieten.
Autorin: Stiftung Pfennigparade