07.10.2025

Leichte Sprache mithilfe von KI

Leichte Sprache und Unterstützte Kommunikation

Bild von einem Laptop mit dem Schirftzug Künstliche Intelligenz und einem Kopf mit Gehirn

Künstliche Intelligenz

Foto: Lisa Schiedermaier

Texte und Angebote in Leichter Sprache verfolgen das Ziel, die Teilhabe von Menschen mit Lernschwierigkeiten zu verbessern. Neue KI-Tools zur Übersetzung von Inhalten in Leichte Sprache wecken derzeit die Hoffnung, die Teilhabechancen dieser Zielgruppe deutlich zu erweitern. Gleichzeitig ist beim Einsatz solcher Werkzeuge Vorsicht geboten, um keine neuen Barrieren zu schaffen. Die bereits in unserem BeitragKünstliche Intelligenz (KI) und Leichte Sprache“ vom September 2024 beschriebenen Herausforderungen bestehen weiterhin fort – heute allerdings mit noch größerer Relevanz.

Mittlerweile liegt eine Vielzahl an Positionen und Empfehlungen für den verantwortungsbewussten Umgang mit KI-generierten Übersetzungen in Leichter Sprache vor. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die wichtigsten aktuellen Veröffentlichungen.

Fachliche Einordnung von KI-Übersetzungstools für Leichte Sprache der BFIT-Bund

Die Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (BFIT-Bund) kommt in ihrer in ihrer fachlichen Einordnung von KI-Übersetzungstools für Leichte Sprache zu dem Ergebnis, dass KI-Tools derzeit keine zielgruppenorientierten Übersetzungen in Leichte Sprache gewährleisten. Daher empfiehlt die BFIT-Bund, dass KI-generierte Texte stets von Menschen überarbeitet werden, die sowohl mit den Regeln der Leichten Sprache als auch mit der eingesetzten KI vertraut sind. Außerdem sollte die Zielgruppe selbst – Menschen mit Lernschwierigkeiten – in die Prüfung einbezogen werden, um die Verständlichkeit und Barrierefreiheit nachhaltig sicherzustellen.

„Leichte Sprache – Ein Ratgeber zur Arbeit mit Leichter Sprache“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Mai 2025 gemeinsam mit Expertinnen und Experten für Leichte Sprache den „Ratgeber zur Arbeit mit Leichter Sprache“ veröffentlicht. Darin finden sich praxisnahe Tipps zur Anwendung der Regeln der Leichten Sprache.

Ein eigenes Kapitel widmet sich dem Thema KI und Leichte Sprache. Es enthält ausführliche Hinweise für den Einsatz von KI-Übersetzungstools und unterstreicht die Notwendigkeit, KI-generierte Texte stets nachzubearbeiten und von der Zielgruppe auf Verständlichkeit prüfen zu lassen. Darüber hinaus werden konkrete Einsatzbeispiele beschrieben. Die Autorinnen und Autoren unterscheiden dabei zwischen Texten, die langfristig verfügbar sein sollen, und solchen, die kurzfristig bereitgestellt und nur für eine begrenzte Zeit genutzt werden. Bei Texten, die langfristig zur Verfügung stehen sollen empfiehlt der Ratgeber eine Nachbearbeitung der KI-generierten Übersetzung in Leichte Sprache durch Übersetzerinnen und Übersetzer für Leichte Sprache und die Verständlichkeitsprüfung durch die Zielgruppe. Bei Texten, die kurzfristig bereitgestellt und nur für eine begrenzte Zeit genutzt werden sollen, ist eine Nachbearbeitung der KI-generierten Übersetzung in Leichte Sprache von einer beliebigen Person als Ausnahme möglich. Hierbei empfiehlt der Ratgeber, dass ein solcher Text in jedem Fall mit dem Hinweis versehen werden sollte „Ein KI-Programm hat den Text geschrieben. Der Text ist nicht von einer Prüf-Gruppe geprüft.“. Diese Unterscheidung bietet eine praxisnahe Orientierung für den verantwortungsbewussten Umgang mit KI-Übersetzungstools für Leichte Sprache und unterstützt das Ziel, die Teilhabechancen von Menschen mit Lernschwierigkeiten nachhaltig zu verbessern.

Positionspapier zum Thema „KI und Leichte Sprache“ der Gruppe Bayern des Netzwerks Leichte Sprache e. V.

Bereits im Oktober 2024 übergab die Gruppe Bayern des Netzwerks für Leichte Sprache e. V. das Positionspapier zum Thema KI und Leichte Sprache an Herrn Ministerialdirigent Arians und Frau Ministerialrätin Lange vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit, Familie und Soziales. Darin wird – wie in anderen Veröffentlichungen auch – betont, dass KI-generierte Texte in Leichter Sprache von geschulten Personen überarbeitet und von der Zielgruppe auf Verständlichkeit geprüft werden müssen. Darüber hinaus fordert das Papier die Einführung eines Qualitätssiegels für geprüfte Leichte Sprache und empfiehlt, Prüfgruppen aktiv in das Training von KI-Programmen für Leichte Sprache einzubeziehen.

Kodex für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Leichte Sprache

Im Juni 2025 wurde der „Kodex für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Leichte Sprache“ – der auch „KI-Kodex Leichte Sprache“ genannt wird – veröffentlicht. Der KI-Kodex Leichte Sprache entstand in Zusammenarbeit zahlreicher Fachleute aus unterschiedlichen beruflichen Bereichen. Die zentralen Empfehlungen des Kodex betreffen die Qualifizierung von KI-Anwenderinnen und Anwendern, die Vor- und Aufbereitung von Informationen sowie die Nachbereitung der Texte in Leichter Sprache, die sprachliche Vereinfachung und die Gestaltung und Bebilderung von Texten sowie die Prüfung von Texten durch die Zielgruppe der Leichten Sprache und die Kennzeichnung von Texten in Leichter Sprache. Der KI-Kodex Leichte Sprache bietet einen umfassenden Einblick in die Grundlagen der Leichten Sprache, die Herausforderungen bei der Anwendung von KI-Programmen für Leichte-Sprache-Texte sowie in Einsatzmöglichkeiten und Empfehlungen für die Anwendung von KI-Tools für Leichte Sprache.

Ausblick

Wir begrüßen die fachliche Einordnung und die Empfehlungen für den Umgang mit KI-Übersetzungstools in Leichter Sprache und unterstützen die beschriebenen Maßnahmen. Wir bestehen darauf, dass KI nicht zu einer zusätzlichen Barriere für Menschen mit Lernschwierigkeiten wird. Durch KI-generierte Texte in Leichter Sprache dürfen keine falschen Informationen vermittelt und die Prüftätigkeit von Menschen mit Lernschwierigkeit als fester Bestandteil des Übersetzungsprozesses nicht geschmälert werden. Wir sind überzeugt, dass KI die Teilhabechancen von Menschen mit Lernschwierigkeiten spürbar verbessern und ihren Alltag deutlich erleichtern wird. In diesem Zusammenhang muss jedoch erwähnt werden, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten in der digitalen Barrierefreiheit und bei der Entwicklung digitaler Produkte bislang viel zu wenig beachtet werden. Es muss deshalb dringend sichergestellt werden, dass die Nutzerperspektive von Menschen mit Lernschwierigkeiten bei der (Weiter-)Entwicklung von digitalen Innovationen miteinbezogen wird.

 

Autorin: Lisa Schiedermaier