20.06.2024

Barrierefreie ambulante Gesundheitsversorgung

Soziale Fragen & Förderungen

Foto: shutterstock/Rawpixel.com

Anfang Juni wurde der Bundesteilhabepreis verliehen. Der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ins Leben gerufene Preis zeichnet seit fünf Jahren Projekte und Initiativen aus, die sich in herausragender Weise für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Erfreulicherweise steigt die Zahl der Bewerbungen aus ganz Deutschland von Jahr zu Jahr. Allen gemeinsam ist das Ziel, Barrieren abzubauen und allen Menschen die uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Die aktuelle Bewerbungsphase 2023 stand unter dem Leitthema „GESUNDHEIT INKLUSIV – barrierefreie ambulante Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderungen“. Die Anzahl (es wurden 51 Projekte eingereicht) und auch die Vielfalt der Projekte zu diesem speziellen Thema ist umso erfreulicher, als die flächendeckende Versorgung mit barrierefreien Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen in Deutschland – man mag es kaum glauben – erschreckend gering ist. Insofern ist es von großer Bedeutung, herausragende Projekte mit Vorbildcharakter zu finden und entsprechend zu würdigen.

Der erste Preis ging an das Münchner Modellprojekt „Gynäkologische Sprechstunde für Frauen und Mädchen mit Mobilitätseinschränkungen“, das 2021 in den Räumen des Gesundheitsreferats eröffnet wurde. Bürgerinnen mit Mobilitätseinschränkungen, zum Beispiel Rollstuhlfahrerinnen, aber auch Frauen mit Mehrfachbehinderung können diese Sprechstunde für alle regulären gynäkologischen Untersuchungen nutzen. Der Zugang ist barrierefrei. Die Praxisräume sind mit einem Lifter und einem höhenverstellbaren gynäkologischen Untersuchungsstuhl ausgestattet. Das Projekt schließt eine Versorgungslücke für mobilitätseingeschränkte Patientinnen aus der Stadt und dem Umland.

Den zweiten Preis vergab die Jury an eine inklusive Zahnarztpraxis, die bereits im Jahr 1995 initiiert wurde. Die Praxis von Dr. Guido Elsäßer im Umland von Stuttgart befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Wohneinrichtung für Menschen mit Behinderungen, so dass die Barrierefreiheit der Praxisräume beim Bau und der Einrichtung selbstverständlich war. Neben einer Rampe und einem Aufzug gehören eine abgesenkte Gegensprechanlage, elektronische Türöffner sowie ein abgesenkter Empfangstresen zur Ausstattung. Auch mobile Geräte für das Röntgen, Transferhilfen wie z. B. Haltegurte und Rutschbretter sind Teil der inklusiven Praxis. Die Zahnärztinnen und Zahnärzte nehmen regelmäßig an Fortbildungen zur Special Care Dentistry teil. Bei Bedarf untersuchen sie die Patientinnen und Patienten auch direkt zu Hause.

Der dritte Preis würdigt das Engagement der Initiative „Gesundheit für alle - jetzt!“. Diese wurde von der Evangelischen Stiftung Alsterdorf in Hamburg ins Leben gerufen, aufgrund der Erfahrung, dass Menschen mit Behinderungen im Gesundheitssystem auf viele Hürden stoßen und Krankheiten oft erst spät erkannt und nicht angemessen behandelt werden. Die Initiative besteht aus verschiedenen Bausteinen wie Präventionsangeboten, der Entwicklung von ambulanten und stationären medizinischen Versorgungsstrukturen, aber auch Vernetzungsarbeit und Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitssystem.

Die Preisträgerinnen und Preisträger des Bundesteilhabepreises 2023 mit Bundesminister Hubertus Heil (Dritter von links) und der Juryvorsitzenden Anke Glenz (vorne).
Gruppenfoto mit fünf Damen und zwei Herren während der Preisverleihung

Die Preisträgerinnen und Preisträger des Bundesteilhabepreises 2023 mit Bundesminister Hubertus Heil (Dritter von links) und der Juryvorsitzenden Anke Glenz (vorne).

Foto: BMAS/Thomas Rafalzyk

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Der Bundesteilhabepreis wird vom Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund getragen. Mit dem Preis wird auch die Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention nach umfassender Teilhabe aufgegriffen. Initiiert wurde der Bundesteilhabepreis 2019 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen der Initiative Sozialraum Inklusiv (ISI). Die Ausschreibung erfolgt durch die Bundesfachstelle Barrierefreiheit. Die Preisträgerinnen und Preisträger werden durch eine unabhängige Fachjury ermittelt. Innovation, Nachhaltigkeit und die aktive Beteiligung von Menschen mit Behinderungen sind entscheidende Faktoren. Die Projekte sollen nicht nur kurzfristige Verbesserungen bringen, sondern auch langfristig wirken und als Modell für andere dienen können.

Autorin: Bettina Sigmund

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