33. Podcast-Folge: Mehr als ein Screenreader: NVDA und die Kraft der Community
Podcast - Digitale Barrierefreiheit
Was den Screenreader als Open Source Plattform so besonders macht.
Für viele blinde Menschen ist ein Screenreader wie eine Tür zur digitalen Welt. Der Screenreader NVDA ist jedoch mehr als das:
Er ist ein lebendiges Open-Source-Projekt, an dem sich Menschen mit und ohne Sehbeeinträchtigung weltweit beteiligen. Auch in Deutschland gibt es eine engagierte Community, die den Screenreader lokalisiert und um eigene Funktionen erweitert.
In dieser Folge von BarriereLos sprechen wir mit Rainer Brell, einem blinden Programmierer, der sich leidenschaftlich am Projekt NVDA engagiert. Im Interview erfahren wir, wie Screenreader funktionieren und was NVDA so besonders macht. Außerdem erklärt uns Rainer Brell die Arbeit der Community und zeigt auf, wie man sich selbst einbringen kann.
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Teilnehmende:
Moderator: Dennis Bruder
Gäste: Dr. Anne-Kathrin Schumann, Oliver Rauh, Stephan Venus, Nico Maikowski
Einsprecher: Alexandra GödekeDas Interview als Transkript:
Rainer Brell (Zitat mit Musikuntermalung)
Es geht bei dem Projekt darum, dass wir NVDA in Deutschland auf stärkere Beine stellen, dass wir viel lokalisieren. Das heißt, da das Produkt aus Australien kommt, wollen wir viel davon in Deutsch übersetzen. Sowohl die Sachen für Endanwender als auch die für Softwareentwickler. Und wir werden auch Schulungsmaterialien erstellen, E-Learning Sachen, all diese Dinge. Einfach damit Deutschland da mehr von profitiert und es auch eine Alternative gibt zu kommerziellen Produkten.
Alexandra Gödeke (Einspieler mit Musikuntermalung)
BarriereLos, der Podcast für barrierefreie Lösungen im digitalen Raum.
Dennis Bruder
Hallo und willkommen zu BarriereLos, dem Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Es ist die erste Folge in 2025 und gleich zu Beginn des Jahres bekommen wir einen interessanten Einblick in ein Thema. das nicht nur blinde Menschen betrifft, sondern mit dem auch viele Entwickler und Softwareentwickler bereits Kontakt hatten. Es geht nämlich um Screenreader. Das Besondere an unserem Gast ist, dass er einerseits selbst betroffen, also blind ist, und andererseits selbst an der Screenreader-Software NVDA mitprogrammiert, um diese aus, in Anführungszeichen, Sicht von Betroffenen zu verbessern. Bevor ich jetzt aber weitererzähle, lasse ich unseren Gast selbst zu Wort kommen. Ich spreche heute mit Rainer Brell, er ist Programmierer und arbeitet derzeit für das Berufsförderungswerk Würzburg. Hallo Rainer.
Rainer Brell
Hallo und herzlichen Dank für die Einladung zu diesem tollen und spannenden Podcast. Schön, dass ich da sein darf.
Dennis Bruder
Danke, dass du auch dabei bist. Ich habe ja schon ein bisschen was über dich erzählt, aber ich möchte dich zu Beginn der Folge erst noch einmal bitten, dich selbst kurz vorzustellen.
Rainer Brell
Ja, das mache ich sehr gern. Wie gesagt, ich bin vom Namen her Rainer Brell. Wurde in Pfalz Zürchheim, das ist bei Würzburg unter Franken. Und bin, ja, ich habe früher ganz normal gesehen, bin Auto, Motorrad gefahren, hatte einen normalen Job. Und vor 35 Jahren bin ich dann komplett erblindet. Sehe also gar nichts mehr. Okay.
Dennis Bruder
Wie bist du zu dem Thema Screenreader überhaupt gekommen?
Rainer Brell
Gut, das liegt in der Natur der Sache. Wie gesagt, vor 35 Jahren bin ich blind geworden. und habe da meine ersten Erfahrungen mit dem Computer machen dürfen, auch hier in Veitshöchheim im Berufsförderungswerk. Habe dort angefangen mit MS-DOS, also mit einem textbasierten Betriebssystem. Das hat mich dann fasziniert und ich stand auch damals vor der Wahl, welchen Beruf ich ergreifen sollte, ob ich dann eher Telefonist werde oder in andere Bereiche gehe und für mich stand dann klar, das mit den Computern, das ist mein Ding, das will ich machen und so habe ich dann mich da reingefuchst und reingewurmt und dann auch eine Ausbildung gemacht als Programmierer und bin dann auch auf Windows natürlich gestoßen im Laufe der Zeit und mich mit Screenreadern beschäftigt.
Dennis Bruder
Dann fangen wir mal ganz grundsätzlich mit der Begrifflichkeit Screenreader an. Was ist denn überhaupt so ein Screenreader?
Rainer Brell
Gut, wenn man es wörtlich übersetzt, Screenreader, Bildschirmleser, ich denke, das sagt schon recht viel. Screenreader, Bildschirmleser ist eine Software, die das, was sich über den Bildschirm bewegt, umsetzt und dann dem Anwender wiedergibt, entweder in synthetischer Sprache, also mit einer Sprachausgabe, oder in Blindenschrift auf einem Blindendisplay, auf einer Braillezeile oder beides. Es gibt Menschen die arbeiten nur mit Sprache, nur mit Braille oder auch mit beiden kombiniert. So mache ich das. Das ist ganz, ganz unterschiedlich.
Dennis Bruder
Was sind so die Voraussetzungen, um so einen Screenreader überhaupt mal zu benutzen? Also was braucht man? Braucht man einen Computer? Muss man was installieren? Kannst du darüber was erzählen?
Rainer Brell
Gerne, ja. Im Prinzip ist es so, als würden wenn man keinen Screenreader brauchen würde... man braucht eine Tastatur. Maus ist eher nicht so das Mittel der Wahl als Interaktionsmedium. Also eine normale Tastatur und einen Computer. In der Regel hat man auch einen Bildschirm, falls man mal Hilfe braucht, wenn der Screenreader streikt. Aber ansonsten würde eigentlich auch ein ganz normaler Computer und eine Tastatur schon reichen, um damit zu arbeiten. Und natürlich ein Windows-Bestriebssystem, aktuell natürlich Windows 11. Das wären jetzt die Voraussetzungen. Man sollte natürlich gut auf der Tastatur sich bewegen können, damit man effizient arbeiten kann. Das wäre schon ganz, ganz wichtig.
Dennis Bruder
Und welche Programme, also welche Screenreader gibt es so am Markt und was nutzt du auch?
Rainer Brell
Da würde ich vielleicht ein bisschen ausholen, ein bisschen geschichtlich zurückgehen, wie das alles ein bisschen anfing. Da ich jetzt 35 Jahre blind bin, habe ich das alles ganz gut mitgemacht und auch angefangen persönlich mit Windows 3.11. Das war noch ein Windows als grafische Oberfläche für ein textbasiertes Betriebssystem, MS-DOS damals. Da gab es Virgo von der Firma Baum und von Frank Audio-Data gab es Blindos und es gab damals auch schon JAWS aus Amerika. Ja, die Betriebssysteme sind gewachsen und irgendwann gab es das erste richtige Windows was kein Aufsatz mehr war auf DOS, Windows NT. Und wie gesagt, die Screenreader sind gewachsen, haben mehr dazugelernt. Blindos und Virgo sind dann mit der Fusion der beiden Firmen zu einem neuen Screenreader gewachsen, Cobra. Das war damals mein Baby, denn ich habe 17 Jahre bei der Firma Baum gearbeitet und habe mich damals viel mit dem Screenreader Cobra beschäftigt. Ich war im Support, Entwicklung, auch im Produktmanagement tätig. Von daher habe ich da einige Erfahrungen gesammelt in dem Bereich. Und auch aus England gab es den und gibt es immer noch von Dolphin den Screenreader Supernova. Und es gab dann später auch noch WindowEyes. Und mittlerweile gibt es auch eine Raider noch, also ein in Windows eingebauter Screenreader. Ja, was ist daraus geworden? Was ist übrig geblieben? Die Firma Baum und Audiodata gibt es nicht mehr. Damit gibt es auch nicht mehr den Screenreader Cobra. Und Windoweyes auch ein guter Screenreader, wurde damals von der Firma, die hinter JAWS steckt, aufgekauft und eingestampft. Also einfach fallen gelassen. Da hat man einfach die Konkurrenz gekauft und eingestampft. Sodass es dann eigentlich nur noch JAWS gibt und gab. Und wie gesagt in England die Firma Dolphin, aber die hat nicht mehr so einen großen Marktanteil. Und irgendwann vor 15, 17 Jahren hat sich ein neues Projekt gebildet aus Australien. Der blinde Programmierer Michael Koran hat irgendwann gesagt, das kann es nicht sein, das ist nur noch ein Produkt auf dem Markt gibt. Wir brauchen Chancengleichheit. Ich tue ein neues Projekt ins Leben rufen. Ich mache meinen eigenen Screenreader, einen Open Source Screenreader mit dem Namen NVDA. Mittlerweile ist es so, dass es eigentlich nur noch JAWS gibt und diesen Open Source Screenreader NVDA. Das sind eigentlich die zwei Produkte. Wobei halt JAWS hoch kommerziell ist. Das kostet ein paar tausend Euro, wenn man es kauft. Und das NVDA ist kostenlos eine Non-Profit-Organisation aus Australien.
Dennis Bruder
Ich nehme an, das ist auch ein bisschen Geschmackssache, was man da lieber verwendet. Vielleicht können wir da später nochmal dazu kommen. Und was mich auch noch interessieren würde, es gibt ja natürlich auch in Betriebssystemen inzwischen integriert, in Anführungsstrichen, Screenreader oder eben auch Funktionalitäten, die einen Screenreader ersetzen können. Und genauso am Handy. Vielleicht kannst du über diese integrierten Sachen auch noch was erzählen, wenn du da Erfahrungen hast.
Rainer Brell
Also wir haben jetzt von Windows gesprochen. Da gibt es wie angesprochen diesen Narrator. Das ist ja ein in Windows eingebauter Screenreader. Eine super tolle Sache, denn der lässt sich schon relativ früh einschalten, wenn man Windows selber installiert. Also man kann die CD bzw. heute den USB-Stick reinstecken und tut Windows installieren und zu einem ganz frühen Zeitpunkt, also sobald der Soundtreiber von Windows aktiv ist, kann man auch diesen Narrator mit einer Tastenkombination Steuerung, Windows und Return einschalten und kann dann den ganzen Setup-Prozess verfolgen und da auch interaktiv mit die Installation gestalten. Das ist ein super Fortschritt, wenn ich da vor 30 Jahren dran denke, da hätten wir nicht mal von sowas geträumt. Also das ist eine tolle Sache, was Microsoft da gemacht hat. Dann gibt es natürlich noch andere Betriebssysteme, die will ich am Rande auch noch kurz erwähnen. obwohl ich jetzt eher der Spezialist bin für Windows Screenreader, aber es gibt unter Linux noch den Screenreader Orca. Natürlich wie Linux-like auch kostenfrei. Und in den iOS-Produkten, also iPhone, iPad und so weiter, gibt es VoiceOver. Und auch für den Mac gibt es einen Screenreader namens VoiceOver. Auch die sind ins Betriebssystem integriert eingebaut und lassen sich jederzeit starten mit Tastendruck auch eine super tolle Sache und für Android Betriebssysteme gibt es dann noch Talkback.... sowohl Talkback als auch übrigens Voice Over lassen sich auch sowohl mit Braille und auch mit Sprachausgabe bedienen das geht auch ganz gut.
Dennis Bruder
ja genau eine Tastatur kann man ja am Handy auch nicht benutzen, da geht man wahrscheinlich viel über Spracheingabe und eine Alternative wird man für die Tasten auch noch brauchen. Was macht man da?
Rainer Brell
Du meinst die virtuelle Tastatur?
Dennis Bruder
Genau, also man drückt quasi aufs Display.
Rainer Brell
Genau, man tippt ganz normal aufs Display. Man hat ein bisschen andere Gesten. Man muss auf zweimal tippen, um was zu aktivieren. Also die Gestensteuerung ist eine andere als ohne diesen gestarteten Screenreader, aber man kann damit auch schnell und effizient interagieren. Man kann natürlich auch eine externe Tastatur anschließen. Das ist natürlich auch bei den Smartphones genauso möglich. Aber das geht gut, ja, mache ich auch selber. Oder man nimmt halt die Spracheingabe und tut damit seinen Screenreader oder sein Betriebssystem steuern. Aber das ist nicht ganz so effizient als wie mit den Wischgesten.
Dennis Bruder
Ja, die Spracheingaben entwickeln sich ja auch immer noch. Da ist auch noch ein bisschen Luft nach oben, sage ich mal.
Rainer Brell
Da ist absolut noch Luft nach oben, da wird sich auch noch viel tun, dank KI.
Dennis Bruder
Dann kommen wir wieder zurück zu deinem Projekt und zum NVDA, beziehungsweise an dem Projekt, wo du maßgeblich beteiligt bist und mitprogrammierst. Erklär mal, du hast gesagt, der NVDA ist Open Source, das heißt, er bietet die Möglichkeit mitzuprogrammieren und genau das machst du. Was sind da so die Möglichkeiten? Also wie kannst du selbst als Programmierer dich beteiligen?
Rainer Brell
Vielleicht doch vorab. Ich arbeite seit dem 1. Oktober 2024 im Berufsförderungswerk Veitshöchheim hier, gleich nebenan. Und es gibt ein neues Projekt, das nennt sich NVDA nachhaltig. Eine Weiterentwicklung für die digitale Teilhabe in Deutschland. Das läuft drei Jahre. Der Deutsche Blind- und Sehbehindertenverband hat das ins Leben gerufen und die ausführende Organisation, das ausführende Organ ist hier das Berufsförderungswerk in Verzöchern. Das Ganze ist gesponsert von der Aktion Menschen. Und daran arbeite ich jetzt die nächsten drei Jahre. Es geht bei dem Projekt darum, dass wir NVDA in Deutschland auf stärkere Beine stellen, dass wir viel lokalisieren. Das heißt, da das Produkt aus Australien kommt, wollen wir viel davon ins Deutsche übersetzen. Sowohl die Sachen für Endanwender als auch die für Softwareentwickler, da komme ich gleich noch mal gerne darauf zurück. Und wir werden auch Schulungsmaterialien erstellen. E-Learning Sachen, Podcast hatte ich eigentlich auch geplant und all diese Dinge einfach damit Deutschland da mehr von profitiert und es auch eine Alternative gibt zu kommerziellen Produkten beziehungsweise zu dem kommerziellen Produkt JAWS, das einfach auch die digitale Teilhabe für alle stattfinden kann hier bei uns in Deutschland. Das NVDA ist programmiert in der Programmiersprache Python. Python ist glaube ich mittlerweile recht bekannt und auch so viel ich gelesen habe, eins der beliebtesten Programmiersprachen in Deutschland oder weltweit sogar. Die meisten Projekte werden damit jetzt realisiert und auch das NVDA ist zu 97% mit diesem Python geschrieben. Das tolle an dem NVDA Screenreader ist, dass jeder kleine Add-ons, Erweiterungen schreiben kann. und damit den Funktionsumfang von NVDA, von diesem Grund-NVDA erweitern kann. Es gibt gut 300 von diesen Add-ons in den verschiedensten Bereichen, die freiwillige Anwender auf der ganzen Welt programmiert haben. Meistens wird das erstmal in Englisch programmiert und dann übersetzt in die jeweiligen Sprachen. NVDA gibt es in 52 verschiedenen Sprachen mittlerweile, also auch in Schwellenländern, die einfach auch nicht das Geld haben, sich einen kommerziellen teuren Screenreader zu leisten. Da kommt auch NVDA gut zum Einsatz. Ja und diese Erweiterungen werden in Python auch geschrieben. Ich selber habe privat auch schon einige beigetragen, zum Beispiel für einen. Banking Programm, was nicht ganz zugänglich war damals. Mittlerweile ist es ein bisschen besser. Oder ich habe auch ein Add-on geschrieben, um ein YouTube-Video auf Tastendruck in MP3 runterzuladen in 30-facher Geschwindigkeit. Dann gibt es Add-ons, um den Scanner anzusprechen, um Bilder zu erkennen, um Textbausteine, RSS-Feeds zu lesen und und und. Also unzählige Add-ons gibt es weltweit. die einfach den Funktionsumfang von NVDA erweitern. Das ist eine tolle Sache. Und jeder, der programmieren kann, kann sich daran beteiligen, kann auch ein Add-on schreiben. Zugegebenermaßen muss man dafür programmieren können. Man muss die Dokumentation lesen. Die Schnittstellen zur NVDA muss man ausführlich gelesen haben. Aber all das wird eins meiner Aufgaben sein in den nächsten Jahren, wenn man möglichst vielen Leuten diese Fähigkeit rüberzubringen, damit das einfach noch auf breitere Füße gestellt werden kann, das ganze Projekt in VDA.
Dennis Bruder
Also es steht und fällt mit der Community, die dahinter steckt und du hast jetzt gerade schon einen kleinen Abriss gegeben, wie viele Add-ons es auch gibt. Ich meine, das ist ja wahrscheinlich was, was ein einzelnes Unternehmen nur schwer auf die Beine stellen könnte. Diese Community, wie findet denn der Austausch innerhalb der Community statt, also wo kann man sich informieren, welche Add-ons es gibt und wo kann man sich auch austauschen?
Rainer Brell
Direkt in NVDA, in dem Programm, wenn man es installiert hat, gibt es einen NVDA Add-on Store, einen Erweiterungsladen. Da kann man einen Stichpunkt angeben und kann sich welche anzeigen lassen und kann die runterladen, ausprobieren, Hilfetexte lesen und so weiter. Ansonsten gibt es eine deutsche Mailingliste. Kann ich gerne im Anschluss nochmal die Kontaktadresse weitergeben. Da kann man sich austauschen. Wir werden auch in den nächsten Jahren eine Plattform noch ins Leben rufen. Einfach mal Google dann befragen, NVDA und BfW Würzburg eingeben. Da wird man Informationen finden. Eine deutsche Homepage werden wir erstellen, wo es Informationen gibt. Und daneben gibt es natürlich jede Menge tonnenweise englischer Mailinglisten und Add-ons. und Developerlisten und so weiter. Aber dafür muss man ganz gut Englisch können, um das zu folgen. Aber das möchte ich einfach auch alles für den deutschen Markt haben, damit das möglichst viele Menschen erreicht.
Dennis Bruder
Du arbeitest ja für das Berufsförderungswerk Würzburg und darüber bietet ihr dann auch Schulungen an. Kannst du schon darüber was sagen, wie das genau ausschauen wird?
Rainer Brell
Ja, also wir haben jetzt gerade eine Umfrage beendet. Wir wollten erstmal eine Ist-Analyse machen. Wo drückt der Schuh bei den deutschen Anwendern? Was hätten sie gerne? Was finden sie jetzt schon gut bei NVDA? Was soll da noch besser dran werden? Die ist jetzt vor drei Tagen beendet worden. Wir haben 382 Rückmeldungen. Das finde ich gigantisch viel. Ja, da werde ich jetzt die nächsten Tage dran sitzen, das auszuwerten. Aber was es auf jeden Fall geben wird, sind Schulungen. Ich bin in der glücklichen Lage oder das BfW ist in der glücklichen Lage, eine eigene barrierefreie Blended Learning E... also eine Learning Plattform zu haben mit Online-Kursen. Und dort wird es auch im Februar schon den ersten Kurs geben und zwar gibt es da einen Kurs um die Programmiersprache Python zu lernen. Wie gesagt, Blended Learning, das heißt man meldet sich dort an, geht diesen Kurs in seinem eigenen Tempo durch, hat aber jederzeit die Möglichkeit einen Kursbetreuer per E-Mail zu erreichen oder telefonisch Fragen zu stellen, dass man da nicht so ganz alleine ist. Und so werden wir auch weitere Kurse zur NVDA auf dieser barrierefreien E-Learning-Plattform zur Verfügung stellen. Aber ich möchte auch wie gesagt Podcasts machen. Vielleicht traue ich mich sogar auch an ein YouTube-Video. Aber da will ich noch ein bisschen die Umfrageergebnisse auswerten. Denn wir wollen eigentlich nichts machen, um unsere Eitelkeit zu befriedigen, sondern eigentlich genau das machen, was die Anwender wünschen. Und da will ich noch ein bisschen auf die Auswertung warten. Aber das sind auf jeden Fall Dinge, die ich jetzt schon mal beim groben Drüberschauen gesehen habe, die gewünscht werden. Es wird auch Zertifikat geben für die Leute, die sagen, ich will ein bestimmtes Wissen zertifiziert haben. All das werden Projektergebnisse sein, die dann wohl daraus kommen, wie ich das bis jetzt so grob gesehen habe.
Dennis Bruder
Wird es was kosten?
Rainer Brell
Das Geförderte vom Aktion Menschen Geförderte, das wird nichts kosten, aber dieser Python-Kurs, der ist jetzt im Vorfeld schon eingeleitet worden, der wird was kosten. Aber da suchen wir auch gerade noch um eine Möglichkeit, damit das finanziell unterstützt wird. Aber ansonsten diese reinen NVDA-Sachen, die ich jetzt erstellen werde, die werden alle kostenfrei sein.
Dennis Bruder
Okay. Das war jetzt schon mal ein schöner Überblick über das tolle Projekt NVDA und vielleicht auch einen Aufruf an die Leute oder eine Anregung an die Leute, die vielleicht entweder selber betroffen sind oder sich an so einem Open Source Projekt selbst zu beteiligen, sich da einfach mal reinzuarbeiten und auch selbst Ideen zu entwickeln und in der Community auch mitzumachen. Wir sind damit eigentlich auch schon fast durch und ich hätte jetzt trotzdem nochmal eine Abschlussfrage und zwar in Richtung: was glaubst du, wie sich Screenreader in der Zukunft entwickeln werden? Also wird es vielleicht auch ein NVDA in 10, 15, 20 Jahren noch geben? Oder meinst du, es gibt was ganz anderes?
Rainer Brell
Also ich glaube nicht, dass es nochmal einen weiteren großen Screenreader geben wird. Dafür ist einfach die Arbeit und die Entwicklung, die dahinter steckt, viel zu mächtig. Also neben NVDA und JAWS wird es, glaube ich, nichts mehr geben. Ich denke dass es auch in 10 15 20 jahren noch ein screenreader gibt, aber ich bin auch so ein bisschen, weil ich KI Fan bin, ja ich könnte mir gut vorstellen... ich will nicht sagen dass screenreader mal obsolet werden, aber ich kann mir vorstellen, dass die KI da einiges bewirkt. Zum beispiel gibt es von Microsoft so ein Projekt, habe ich kürzlich gelesen, das nennt sich Co-Pilot Vision. Da wird alles, was über den Bildschirm geht, analysiert und per Sprache wiedergegeben. Ich könnte mir vorstellen, dass Anwender mit nicht so viel technischen Kenntnissen und die vielleicht auch mit der Tastatur nicht so gut umgehen können, einige Anwendungen einfach interaktiv mit der Sprache steuern können und dass die KI auch sinnvolle Antworten gibt, was da steht und dass man da auch mit Anwendungen ganz gut interagieren kann. Aber ob das dauerhaft alle Dinge abdeckt, die man mit einem Screenreader macht, gerade im beruflichen Bereich, das sehe ich jetzt wirklich auch mit meiner Fantasie noch nicht wirklich. Also es wird Screenreader weitergeben, aber die KI, die wird uns viel Arbeit abnehmen, denn die KI ist auch jetzt schon, es gibt auch übrigens ein Add-on, das mit einer lokalen KI Bilder beschreibt im Internet, wenn die jetzt nicht ordentlich mit Alternativtexten beschriftet werden, kann man einfach dem Screenreader sagen, sag mir mal was auf dem Bild ist. Das funktioniert auch schon ganz gut. Diese Dinge, die werden noch mehr werden. Die KI wird Einzug halten in die Screenreader. Und ja, ich bin da sehr positiv, dass das alles viel, viel besser wird, wenn ich jetzt 35 Jahre zurückgehe. So jetzt ist das ja blühende Landschaften.
Dennis Bruder
Das kann ich mir vorstellen. Das war ein langer Weg, vielleicht auch steiniger Weg, aber es hat sich gelohnt. Danke, Rainer, für diesen spannenden Einblick in eigentlich sogar ein Thema, was ja wirklich wahnsinnig viele Leute erstens persönlich betrifft, aber was ja auch in der digitalen Barrierefreiheit so einen großen Einfluss hat, nämlich Screenreader. Also, danke schön.
Rainer Brell
Herzlichen Dank, dass ich hier sein durfte. Hat mir riesig Spaß gemacht. Ich will gerne nochmal im Nachgang Kontaktdaten zu mir und zu dem Projekt weitergeben, damit man Kontakt aufnehmen kann in eine eigene Newsletter-Verteiler, sich eintragen kann und so weiter. Ja, wunderbar, dass ich hier sein durfte. Danke.
Dennis Bruder
Genau, setzen wir natürlich auch alles in die Shownotes.
Rainer Brell
Gerne.
Dennis Bruder (Outro mit Musikuntermalung)
Das war es auch wieder mit dieser Folge von Barrierelos dem Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Auch im Jahr 2025 werden wir unseren Podcast weiterführen. Wir freuen uns auf viele spannende Themen und tolle Interviewgäste, die uns digitale Inklusion ganz praktisch näher bringen. Und auch wir von der Beratungsstelle Barrierefreiheit bieten in diesem Jahr wieder einiges rund ums Thema digitale Barrierefreiheit. Wir halten Sie, wie gewohnt, weiter monatlich mit Fachartikeln auf dem Laufenden und haben auch einige Online-und Präsenzveranstaltungen für Sie, die Sie gerne besuchen dürfen. Die Veranstaltungstermine erfahren Sie noch im Laufe des Januar 2025 und besuchen Sie dafür gerne unsere Webseite www.beratungsstelle-barrierefreiheit.de oder abonnieren Sie gleich unsere Newsletter, um nichts zu verpassen. Die Links zum Newsletter, zu den Veranstaltungen und zu den Fachartikeln finden Sie selbstverständlich in den Shownotes dieses Podcasts. Dann bis zur nächsten Folge von Barrieren-News.
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