30. Podcast-Folge: Barrierefrei mit einem klick? Eine wissenschaftliche Studie zu Overlays
Podcast - Digitale Barrierefreiheit
Im Gespräch mit Daniela Kubesch über Ihre Studie zum Thema Overlays
In dieser Folge des Podcasts "Barriere los!" wird das Thema "Accessibility Overlays" diskutiert. Im Rahmen der digitalen Barrierefreiheit werden diese nämlich heiß diskutiert und halten häufig nicht das, was sie versprechen.
Im Interview stellt Daniela Kubesch ihre Masterarbeit vor, in der sie die Wirksamkeit und Nutzererfahrung von Accessibility Overlays für Menschen mit Sehbeeinträchtigung untersucht hat. Die Ergebnisse sind durchaus aufschlussreich und überraschend.
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Links zur Episode
- Accessibility Day am 11. November 2024 vor Ort in der Pfennigparade.
- Webseite von Daniela Kubesch
- Unsere Einschätzung zu Overlays im Blog der Beratungsstelle
Allgemeine Links:
- Veranstaltungen der Beratungsstelle Barrierefreiheit in 2024. Darunter Workshop für öffentliche Stellen zur barrierefrei Onlineredaktion und
- Webseite Beratungsstelle Barrierefreiheit in Bayern
- Link zur Erstberatung der Beratungsstelle Barrierefreiheit
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Teilnehmende:
Gästin: Daniela Kubesch
Moderator: Dennis Bruder
Sprecherin für Einspieler: Alexandra GödekeDas Interview:
Daniela Kubesch (Zitat mit Musikuntermalung)
Als Resümee der Arbeit kann man eben wirklich sagen, dass Accessibility Overlays definitiv nicht das halten, was sie versprechen und als Disability Dongle klassifiziert werden können. Das ist nämlich ein ganz spannender Begriff, der von Liz Jackson kommt und der beschreibt ein Ergebnis, bei dem Designs oder Technologien für Menschen mit Beeinträchtigungen die Aufmerksamkeit der breiten Masse bekommen und gelobt werden, obwohl Menschen mit Beeinträchtigungen selber berechtigte Bedenken haben.
Alexandra Gödeke (Intro mit Musikuntermalung)
Barriere los! Der Podcast für barrierefreie Lösungen im digitalen Raum.
Dennis Bruder
Hallo und willkommen zu Barriere los! Dem Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Mein Name ist Dennis Bruder von der Beratungsstelle Barrierefreiheit in Bayern. Ganz zu Anfang der Folge will ich auf eine Veranstaltung hinweisen, die im November bei uns in der Stiftung Pfennigparade stattfindet. Am 11. November, also zu Faschingsbeginn, veranstalten wir unseren Accessibility Day in der Pfennigparade in München. Dort haben Sie die Gelegenheit, sich einerseits zum Thema digitale Barrierefreiheit zu informieren und andererseits sich auch direkt mit betroffenen Menschen und Expertinnen und Experten zum Thema auszutauschen. Außerdem bekommen Sie eine Führung durch unsere Werkstattgruppe Testlabor, in der auch betroffene Menschen mit Behinderung Webseiten auf digitale Barrierefreiheit testen. Wenn Sie also Interesse haben, kommen Sie auf unsere Webseite www.beratungsstelle-barrierefreiheit.de und finden Sie unter der Rubrik Termine bzw. Veranstaltungen Informationen zum Accessibility Day. Dort können Sie sich auch anmelden. Die Teilnehmendezahl ist begrenzt, es lohnt sich also, sich bald anzumelden. Den Link zur Veranstaltung finden Sie in den Shownotes. Und dann komme ich auch schon zur heutigen Folge und einem in der digitalen Barrierefreiheit heißt diskutiert ein Thema. Das Thema hatten wir ursprünglich auch schon einmal behandelt, jetzt wollen wir es aber noch einmal wissenschaftlich fundiert aufarbeiten, nämlich das Thema Overlays. Dazu eingeladen haben wir Daniela Kubesch, die sich in ihrer Masterarbeit wissenschaftlich mit dem Thema Overlays auseinandergesetzt hat. Hallo Daniela.
Daniela Kubesch
Hallo Dennis, es freut mich sehr, heute hier zu sein.
Dennis Bruder
Ja, freut uns auch total, dass du hier bist. Kannst du dich zu Beginn der Folge unseren Zuhörerinnen und Zuhörern einmal vorstellen?
Daniela Kubesch
Ja, sicherlich. Hallo, mein Name ist Daniela Kubesch. Meine Pronomen sind Sie/Ihr. Ich bin Accessibility Engineer, das heißt, ich beschäftige mich mit Themen wie Frontend Development, Accessibility Testing von Webseiten, User Experience, User Research und allgemein Human Computer Interaction und Inclusive Design. Aber alles eben immer mit Fokus auf Barrierefreiheit im Internet.
Dennis Bruder
Okay, wie bist du denn zu dem Thema gekommen, beziehungsweise in welchem Rahmen hast du dich genau mit dem Thema Overlays beschäftigt?
Daniela Kubesch
Das war im Zuge meiner beiden Masterstudien. Ich habe nämlich Web Engineering und Digital Service Innovation studiert und diese beiden Masterstudien habe ich dieses Jahr erfolgreich abgeschlossen. Aber für einen Abschluss braucht es natürlich auch eine Abschlussarbeit. Und somit habe ich damals beschlossen, mich für dieses Doppelstudium und diese Doppelmasterarbeit mit dem Thema Accessibility Overlays zu beschäftigen.
Dennis Bruder
Okay, dann fangen wir mal von Grund auf an, weil das Thema Overlays oder der Begriff Overlays vielleicht nicht allen ganz geläufig ist. Was ist denn überhaupt so ein Overlay?
Daniela Kubesch
Ein Accessibility Overlay ist eine spezielle Software, die das Ziel hat, eine Website für Menschen mit Beeinträchtigungen. barrierefrei zu machen. Diese Software hat meistens einen Startpreis von ungefähr 50 Euro im Monat und kann von Webseiten-BesitzerInnen mit nur einer Zeile JavaScript auf einer Webseite integriert werden. Und was genau macht jetzt so ein Overlay? Also nach der Installation erscheint in der Regel ein schwebender Button, also eine Schaltfläche auf der Webseite und über diese Schaltfläche können NutzerInnen dann auf verschiedene Funktionen zugreifen. Diese Funktionen ermöglichen es NutzerInnen, die Website durch verschiedene Anpassungen individuell zu gestalten, wie zum Beispiel Änderungen der Schriftgröße, des Farbkontrastes, Hervorheben von Links oder auch das Vorlesen von Inhalten. Einige Accessibility-Overlays nutzen auch zusätzlich künstliche Intelligenz, um Barrierefreiheitsfehler im Webseitencode automatisch zu erkennen und auch zu korrigieren.
Dennis Bruder
Klingt ja eigentlich super. Also für Betroffene auch super. Für welche Zielgruppen ist so ein Overlay denn gedacht?
Daniela Kubesch
Also ursprünglich hatten Accessibility Overlays den Fokus eher auf Menschen mit Beeinträchtigungen, die Hilfe oder Hilfsmittel beim Navigieren auf Webseiten benötigen. Das umfasst dann zum Beispiel Menschen mit Sehbeeinträchtigungen oder motorischer Beeinträchtigung, aber auch Menschen mit Dyslexie, Lernschwierigkeiten, ADHS oder Epilepsie. Die Funktionalität von Overlays kann aber auch für andere Personengruppen interessant sein, zum Beispiel für Menschen, die beginnen altersbedingt schlechter zu sehen. Oder aber Menschen, die situationsbedingt gerade zum Beispiel nur mit der Tastatur navigieren können, da keine Maus oder Trackpad vorhanden ist.
Dennis Bruder
Okay, so insgesamt klingt es ja eigentlich nach einem Produkt oder einer Anwendung, die den Betroffene dann wirklich auch helfen kann. Du hast dich ja dann auch in deiner Masterarbeit mit dem ganzen Thema wirklich wissenschaftlich fundiert, auseinandergesetzt und getestet, wie gut die dann bedienbar sind. Und vielleicht kannst du jetzt schon mal so ein bisschen erklären, was denn überhaupt das Problem bei Overlays ist.
Daniela Kubesch
Ja, also grundsätzlich sind Accessibility-Overlays vor allem in Barrierefreiheitskreisen sehr stark kritisiert. Es gibt einfach Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und ob sie wirklich den Bedürfnissen der vorgesehenen NutzerInnengruppe entsprechen. Und ich habe mir dann damals gedacht, ich schaue mir mal an, was sagt die Studienlage dazu? Gibt es Forschung in dem Bereich? Hab dann festgestellt, leider ist da noch nicht so viel vorhanden. Und deswegen habe ich mir gedacht, hier kann ich eigentlich ansetzen mit meiner Masterarbeit und auch gleichzeitig mit meiner Studie Menschen, für die diese Overlays scheinbar gemacht sind, zu Wort kommen lassen.
Dennis Bruder
Okay, dann werden wir ein bisschen konkreter. Was hast du denn genau getestet in der Studie?
Daniela Kubesch
Ich habe mir angesehen, wie sich Accessibility Overlays auf die Usability, also die Benutzungsfreundlichkeit, und auch auf die User Experience, also die Nutzungserfahrung, auswirken von NutzerInnen mit dauerhaften Sehbeeinträchtigungen. Und zusätzlich habe ich auch geschaut, wie Accessibility Overlays von dieser NutzerInnen-Gruppe eigentlich wahrgenommen werden und auch, ob Overlays helfen, die Web Content Accessibility Guideline Kriterien zu erfüllen.
Dennis Bruder
Also die WCAG, das sind ja So ein internationaler Standard, der entwickelt wurde, um eben digitale Barrierefreiheit zu, ja man kann sagen normieren, also einen Standard zu setzen. Dann erklär doch nochmal, wie deine Studie ganz konkret aufgebaut war. Also wie sah dein Versuchsaufbau aus?
Daniela Kubesch
Meine Studie hat im Prinzip aus drei Teilen bestanden. Zuallererst habe ich nämlich mit Expertinnen Interviews geführt. Um zusätzlichen Kontext zu dem ganzen Thema zu erhalten, da habe ich mit zwei BeraterInnen für Barrierefreiheit und auch mit zwei Accessibility Overlay Unternehmensvertretern gesprochen. Anschließend habe ich dann begonnen, verschiedene Accessibility Overlays anhand bestimmter Kriterien auszuwählen und zu kaufen. Und dann habe ich sie zur Kopie einer nicht barrierefreien öffentlichen Webseite hinzugefügt. Anschließend wurde dann eine technische Evaluierung durchgeführt. Diese Evaluierung bestand aus automatisierten und manuellen Barrierefreiheitstests nach WCAG 2.1. Abgedeckt habe ich da die Kriterien nach Level A und AA. Nach der technischen Evaluierung kam dann der spannende Teil, nämlich eine NutzerInnen-Studie mit 21 Personen mit, wie schon erwähnt, dauerhafter Sehbeeinträchtigung. Hier waren auch blinde Menschen inkludiert und denen habe ich dann verschiedene Aufgaben gegeben auf den jeweiligen Webseiten und sie anschließend zu ihrer Interaktion befragt. Insgesamt wurden von jeder Person vier Webseiten in zufälliger Reihenfolge getestet. Drei dieser Webseiten hatten jeweils ein Accessibility Overlay und eine Webseite hatte keines. Die Website selber war aber immer die gleiche öffentliche, nicht barrierefreie Webseite.
Dennis Bruder
Okay. Und dann, also Testpersonen hast du gesagt, Es waren sehr beeinträchtigte Menschen. Das ist jetzt auch ein Teil der Zielgruppe der digitalen Barrierefreiheit, aber die auf jeden Fall mit so Overlays adressiert werden. Und dann erzähl doch mal, was ist denn rausgekommen in der Studie oder in deiner Masterarbeit?
Daniela Kubesch
Ja, gerne. Also es gab vereinzelt Fälle, wo Accessibility-Overlays wirklich geholfen haben und Personen leichter durch die Webseite navigieren konnten. Das war vor allem bei Personen, die noch über einen Sehrest verfügt haben, der Fall. Sechs von 21 Personen meiner Studie können sich auch vorstellen, in Zukunft zusätzlich zu ihren assistiven Technologien, Browser-und Systemeinstellungen auch ein Overlay zu benutzen. Großteils war die Navigation durch die Adaption des Overlays aber nicht besser oder auch einfacher. Und 11 Personen haben daher auch ganz klar gesagt, sie bleiben lieber bei ihren bisherigen Methoden zur Navigation und Interaktion mit Webseiten. Und wir können uns das Ganze auch noch ein bisschen mehr im Detail anschauen, nämlich einerseits auf der technischen Ebene. Wenn wir uns die Ergebnisse der technischen Evaluierung anschauen, dann zeigen die, dass die nicht barrierefreie Webseite ohne Accessibility Overlay schon gegen 26 WCAG-Kriterien verstößt. Nach Hinzufügen der verschiedenen Overlays konnten aber insgesamt nur zwei Verstöße behoben werden. Zusätzlich hat auch eines der Overlays neue Probleme mitgebracht, weshalb dann zwei Kriterien, die eigentlich schon gepasst haben, nun ebenfalls Verstoß gezählt werden können. Ein weiteres Ergebnis meiner Studie war, dass 36 Prozent der StudienteilnehmerInnen gar kein Accessibility-Overlay entdeckt haben. Das ist natürlich dann eher suboptimal, weil Overlays können nicht benutzt werden, wenn sie nicht als solche erkannt werden, was auch wieder die Frage aufwirft, warum sind sie dann überhaupt auf einer Webseite? Ich konnte aus meiner Forschung dann einige Gründe ableiten, warum diese Overlays nicht als solche erkannt werden. Ein Grund zum Beispiel sind Sprachprobleme. Viele Overlay-Firmen benutzen ihren Firmennamen in den Hinweistexten und diese Namen sind meistens auf Englisch. Auch ist nicht immer alles übersetzt, also selbst wenn die Website auf Deutsch ist und das Overlay auf Deutsch eingestellt ist, sind manche Texte des Overlays trotzdem noch auf Englisch und nicht alle Studienteilnehmenden konnten Englisch. Zusätzlich war es noch ein Problem, überhaupt diesen zuvor erwähnten Button zum Aktivieren des Overlays zu erkennen, weil visuell ist es eben meistens ein runder blauer Button mit einem Strichmännchen. Aber einige Teilnehmende haben dazu gesagt, ja was hat jetzt ein Strichmännchen mit Barrierefreiheit zu tun und was bedeutet das generell, was kann ich jetzt damit machen und sie haben sich auch nicht getraut darauf zu klicken. Ein weiteres Problem beim Erkennen von Overlays ist auch die verwendete Terminologie, also zum Beispiel was ist der Unterschied zwischen Barrierefreiheit und Zugänglichkeit. Ist jetzt jemand der Blind ist auch visuell beeinträchtigt. Da war einfach kein Konsensus, was jetzt was bedeutet. Und Overlays sind hier aber auch nicht die einzigen, die unterschiedliche Terminologie benutzen. Ich habe mir dann die Forschungslage ein bisschen genauer angeschaut. Und der Blick auf die Forschung zeigt dann auch, dass die Terminologie zum Beschreiben von Sehbeeinträchtigungen in verschiedenen Regionen, Kulturen und Forschungsdisziplinen unterschiedlich ist. Und es ist auch schwierig, eine neue, neutrale Terminologie zu finden, die dann allgemein akzeptiert wird. Und deshalb ist es eigentlich auch nicht überraschend, dass dann die StudienteilnehmerInnen großteils seiner eigenen Interpretation von Sehbeeinträchtigung haben. Meine Forschung hat sich ja auch auf die Usability und User Experience fokussiert. Und da waren auch ein paar spannende Ergebnisse dabei, weil die durchschnittliche Usability, also wie effektiv, effizient und zufriedenstellend können NutzerInnen ihre Ziele erreichen. Und die User Experience, das beschreibt die Handlungen, Empfindungen, Gefühle, Überlegungen, die eine Person vor, während und nach einer Interaktion hat, die lagen beide nicht im akzeptablen Bereich. Zusätzlich wurde Usability und die User Experience mit jedem Level an Interaktion immer schlechter. Das bedeutet, dass Personen, die zum Beispiel beschlossen haben mit dem Overlay zu interagieren, sich also anzuschauen, welche Einstellungsmöglichkeiten gibt es, was kann ich da aktivieren, eine schlechtere Usability hatten als Personen, die das Overlay zwar bemerkt haben, aber beschlossen haben, es nicht anzufassen und nichts damit zu machen. Generell haben dann auch Personen, die nie bemerkt haben, dass überhaupt ein Overlay auf einer Webseite vorhanden ist, die beste Erfahrung gemacht und die besten Werte in der Auswertung erzielt. Warum jetzt die Nutzungserfahrung und Benutzungsfreundlichkeit so schlecht es ist und immer schlechter wird, je mehr man mit einem Overlay interagiert, hat mehrere Gründe. Einerseits ist es auf eine inkonsistente Struktur der Overlays selber zurückzuführen, dann natürlich auch die vorher erwähnten missverständlichen Formulierungen der Overlays, aber auch eine kognitive Belastung durch eben diese inkonsistente Struktur. Außerdem gab es Navigationsprobleme einerseits innerhalb des Overlays, aber auch auf der Webseite selbst. Manche NutzerInnen hatten nach dem Aktivieren der Overlays Probleme, die Website zu benutzen und mussten das Overlay teilweise wieder deaktivieren. Ja, und dann gab es auch manchmal das Gefühl, es hat sich einfach nichts verändert, obwohl ich jetzt in diesem Overlay was umgestellt habe, was dann frustrierend war und dann auch zu einer schlechteren Nutzungserfahrung beiträgt.
Dennis Bruder
Okay, das waren schon mal total interessante Ergebnisse. Ich versuche es nochmal ein bisschen zusammenzufassen. Also insgesamt nur 6 von 11 haben es, glaube ich, überhaupt als gut empfunden. Ne, 6 gut und 11 nicht gut, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Und dann haben wir noch drei quasi Erkenntnisse. Einmal, dass die WCAG-Kriterien sich nicht beheben lassen, sondern vielleicht nur teilweise, aber dann andere Probleme dazukommen. dass das Overlay gar nicht erkannt wird von den Testpersonen und dass die Nutzererfahrung im Prinzip schlechter wird. Und ich glaube, an den Ergebnissen sieht man dann auch ganz schön, dass diese Overlays Stand jetzt, wie sie programmiert sind, wie sie auch technisch eingebunden sind in Webseiten, eben Barrierefreiheit gar nicht beheben können und nicht beheben, sondern nur vielleicht Teile beheben, aber andere Teile sich vielleicht noch verschlimmern dadurch. Und was man auch immer dazu wissen muss, normalerweise sind Menschen mit Behinderung, die eine bestimmte Einschränkungsart haben, beispielsweise blinde Menschen oder Menschen mit einer Sehbehinderung, die stellen sich sowieso schon den Computer so ein, dass die Behinderung in irgendeiner Art kompensiert wird. Und ich glaube, genau, willst du noch was dazu sagen?
Daniela Kubesch
Ja, genau. Ich wollte noch sagen, als Resümee der Arbeit kann man eben wirklich sagen, dass Accessibility Overlays in ihrer derzeitigen Form definitiv nicht das halten, was sie versprechen und als Disability Dongle klassifiziert werden können. Das ist nämlich ein ganz spannender Begriff, der von Liz Jackson kommt und der beschreibt ein Ergebnis, bei dem Designs oder Technologien für Menschen mit Beeinträchtigungen die Aufmerksamkeit der breiten Masse bekommen und gelobt werden, obwohl Menschen mit Beeinträchtigungen selber berechtigte Bedenken haben. Und deswegen ist das Resümee der Arbeit. Accessibility Overlays sollten daher, so wie sie aktuell sind, nicht benutzt werden.
Dennis Bruder
Was würdest du denn sagen, was man daraus ableiten kann oder wie man das Thema Overlay auch in Zukunft angehen kann, vielleicht auch als Softwarefirma, die sich damit beschäftigen will?
Daniela Kubesch
Also um digitale Barrierefreiheit und auch generell die ganze Diskussion über Accessibility Overlays positiv voranzubringen, lassen sich aus meiner Forschung drei essentielle Dinge ableiten. Das wäre einerseits, dass man eine verbesserte User Experience von bestimmten NutzerInnen nicht über die Verschlechterung anderer priorisieren sollte. Und deswegen sollten auch unbedingt Accessibility Overlay Unternehmen in Forschung investieren, die festgestellten Probleme beheben und dabei Ethik berücksichtigen. Was aber auch wichtig ist, nämlich der zweite Punkt, dass die Debatte über Accessibility Overlays nicht nur in einem Vakuum stattfinden sollte. Weil man kann sich nicht nur auf Funktionalität fokussieren und aufwägen, für wen jetzt ein Overlay mehr oder weniger bringt. Es ist ein Diskurs zwischen verschiedenen Bereichen notwendig, um eben das Fortbestehen von nicht barrierefreien Websites langfristig zu verringern. Und Es gibt eben so verschiedene Diskurse wie den juristischen Diskurs, den Diskurs über Barrierefreiheit, über digitale Kluft, Behinderung als soziales Konstrukt. Und diese Diskussionen sollten eben nicht nur alleine stattfinden, im Vakuum stattfinden, sondern sie müssen miteinander stattfinden. Denn im Grunde liegt es in der Verantwortung der Gesellschaft als Ganzes, dafür zu sorgen, dass das Internet und das Web barrierefrei sind und nicht den Menschen mit Beeinträchtigungen die Last aufzubürden. spezielle technische Hilfsmittel zu beschaffen oder sich durch schlecht gestaltete und häufig nicht barrierefreie Websites zu navigieren. Und drittens, wie die Barrierefreiheits-Community oft so schön sagt, nichts über uns ohne uns. Menschen mit Beeinträchtigungen müssen in den Entwicklungsprozess miteinbezogen werden, um die Bedürfnisse der NutzerInnen wirklich zu verstehen, Fehler zu erkennen, die auch über die WCAG-Erfolgskriterien hinausgehen und letztendlich verwendbare Produkte zu schaffen.
Dennis Bruder
Okay, da sind wir dann tatsächlich auch ein bisschen im Bereich Usability. Ja, schöner Ausblick, schöne Zusammenfassung auch irgendwie, was man daraus lernen kann. Vielen Dank, Daniela, dass du uns deine Studie vorgestellt hast.
Daniela Kubesch
Freut mich sehr, dass ich da sein konnte.
Dennis Bruder (Outro mit Musikuntermalung)
Das war es auch wieder mit dieser Folge von Barrierefreiheit dem Podcast zur digitalen Barrierefreiheit. Hinweise und Links zur heutigen Folge finden Sie in den Shownotes. Wenn Ihnen die Folge gefallen hat, würden wir uns sehr über ein Like, einen Kommentar oder noch besser darüber freuen, wenn Sie unserem Kanal folgen. Zum Abschluss dieser Folge will ich auch noch darauf hinweisen, dass Sie sich auf unserer Webseite weiter zum Thema digitale Barrierefreiheit informieren können. Gehen Sie einfach auf die Seite www.beratungsstelle-barrierefreiheit.de und finden Sie im Bereich digitale Barrierefreiheit grundlegende Informationen zum Thema, aktuelle Fachbeiträge und Veranstaltungen. Wenn Sie nichts verpassen wollen, abonnieren Sie einfach auch unseren Newsletter. Alle Links zur heutigen Sendung sowie die Anmeldung zum Newsletter finden Sie in den Shownotes dieser Folge. Dann bis zur nächsten Folge von Barrierenlos.
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