12.12.2023

2. BIM Salon: Künstliche Intelligenz im Kulturellen Kontext

Veranstaltungen Künstliche Intelligenz

Foto: Marcus Ebert

Künstliche Intelligenz – Reflexionen aus dem Berufsstand

Laut der im März 2023 veröffentlichten Studie „The Potential Large Effects of Artificial Intelligence on Economic Growth“ der Investmentbank Goldman Sachs gehört die Baubranche zu den drei Branchen, die am stärksten von der automatisierten Übernahme vieler bisher von Menschen ausgeführter Tätigkeiten durch KI betroffen sind. 89 Prozent der Arbeitsplätze können weitgehend durch KI ergänzt oder teilweise von KI übernommen werden. Auch rund 10 Prozent der Arbeitsplätze in Architektur und Ingenieurwesen könnten vollständig durch KI ersetzt werden. Dieser Zukunftsaussicht steht derzeit jedoch noch ein Fachkräftemangel von 300.000 unbesetzten Stellen im Bausektor gegenüber. Wird die technische Revolution hier für einen Ausgleich sorgen?

Diese und weitere Aspekte der digitalen Transformation diskutierten die rund 30 Teilnehmer des 2. BIM-Salons der Bayerischen Architektenkammer am 12. Dezember 2023 im Haus der Architektur. Im Mittelpunkt des offenen und interdisziplinären Austauschs zwischen Architekten, Innenarchitekten, Philosophen, Studierenden und Digitalisierungsforschern standen die künstliche Intelligenz und ihre Auswirkungen auf die Baukultur. Der zweiteilige Themenabend „KI im kulturellen Kontext“ wurde durch vorbereitete Textauszüge aus wissenschaftlicher Literatur und Impulse der beiden Moderierenden, Julia Mang-Bohn und Marcus Ebert, eröffnet.

Menschliche Kompetenzen unverzichtbar für die Baukultur

Die anschließende Diskussion machte deutlich: „Wir schauen viel zu sehr darauf, was durch KI automatisiert werden kann, sollten uns aber viel mehr darauf konzentrieren, wo unsere gesellschaftlichen Kompetenzen liegen und was nicht automatisiert werden darf.“ Unverzichtbar - so die Meinung der Teilnehmenden - blieben kultureller zwischenmenschlicher Austausch und kreative Entscheidungen, denn beides habe Einfluss auf das Zusammenleben in unserer Gemeinschaft. „Dieses menschliche Potenzial müssen wir wertschätzen und dürfen es nicht vernachlässigen“, so der Architekt Dr. Manuel Mühlbauer.

„KI ist der Versuch, menschliche Intelligenz und menschliche Entscheidungen zu regulieren“, so Jannik Hofer, Informatikstudent an der TU München, der sich insbesondere mit künstlicher Intelligenz in der Bauplanung beschäftigt. Hofer ist davon überzeugt, dass die menschliche Komponente in der Planung nicht vollständig ersetzt werden kann, da die Entscheidungen einer KI auf einem Wahrscheinlichkeitsmodell und Statistiken basieren, die in letzter Instanz vom Menschen reflektiert bewertet werden müssen. KI ermögliche jedoch die Entlastung des Menschen von repetitiven Tätigkeiten. Dementsprechend müssten Arbeitsprozesse transformiert, KI-Arbeitsprozesse abgegrenzt und deren Kompetenzen für die Gesellschaft nutzbar gemacht werden.

Bedenken wurden in der Diskussion nicht nur hinsichtlich einer potenziell regulierenden Technologie geäußert, sondern auch hinsichtlich der Belastung der Architekturbüros durch die fortschreitende Digitalisierung. Die BIM-Implementierung zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Büros sei bereits jetzt aufwändig. Weitere Themen, wie die Einführung von künstlicher Intelligenz in die täglichen Arbeitsabläufe, dürften zu einer weiteren Belastung führen.

Dennoch müsse der Berufsstand offen für den Fortschritt sein und sich mit den aktuellen Veränderungen des Berufsbilds auseinandersetzen. Insbesondere große Architekturbüros nutzen KI bereits zu ihrem Vorteil, um beispielsweise Leistungsverzeichnisse auf Widersprüche zu prüfen. Der positive Nutzen von KI ist hierbei offensichtlich. Offen bleiben aber Fragen des Urheberrechts und der Sicherheit sowie ethische und kulturelle Fragen. „Welche Werte können die Technikgestaltung leiten? Wie machen wir uns am besten mit ihr vertraut? [...] “ „Architektur als Kulturgut bleibt auf Impulse aus der Gesellschaft angewiesen“ Kann dies auch geschehen, wenn zukünftige Architektur weitgehend aus den Daten der bereits gebauten Umwelt generiert wird?

Die intensive Diskussion im weiteren Verlauf des Abends machte deutlich: Große Erwartungen, aber auch Bedenken begleiten die Implementierung von KI in der Baubranche.

29.04.2024, Ergänzung:
Die Arbeitsgruppe "Künstliche Intelligenz" der Bundesarchitektenkammer unter Federführung der Architektenkammer Berlin begleitet die Debatten zum Einsatz Künstlicher Intelligenz im Planen und Bauen. Die Gruppe beschäftigt sich damit, die Potentiale eines Einsatzes von Künstlicher Intelligenz bzw. Maschinellen Lernens in der Planung auszuloten und eine allgemeine Handlungsempfehlung für die Berufsgruppe zu erarbeiten. Informieren Sie sich hier: 10 Fragen und 10 Antworten zur Künstlichen Intelligenz

 

Organisation:
Marcus Ebert, M.A. (in Architecture)

Was ist Ihre Meinung? Möchten auch Sie beim nächsten BIM-Salon dabei sein? Sie sind herzlich eingeladen! Gerne informieren wir Sie persönlich: Tel. 089 139880-30, bim-salon@byak.de

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